Humboldt-Spektrum 02/1994
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Probeheft Beiträge Ausgaben Profil Homepage der Humboldt-Universität
Molekulare Bibliotheken. Ein neues Konzept in der medizinischen Wirkstoffindung und Diagnostik
Jens Schneider-Mergener/Achim
Kramer
Heft 2/94, S. 4-11.
abstract
Die Suche nach medizinischen Wirkstoffen erfährt zur Zeit einen
grundlegenden wissenschaftlichen Wandel durch die Synthese und Testung
sogenannter molekularer Bibliotheken. Dadurch ist es möglich geworden,
mehrere Millionen bis Billiarden unterschiedlicher, potentiell
biologisch aktiver Verbindungen innerhalb weniger Tage herzustellen und
zu testen. Dagegen wurden in den letzten 150 Jahren in der
pharmazeutischen Industrie weltweit ?nur? etwa 9 Millionen Verbindungen
untersucht. Die Synthese und anschließende Auswahl der aktivsten
Verbindung einer Bibliothek erfolgt nach Prinzipien der Evolution:
Schaffung von Vielfalt und anschließende Selektion. Wir stellen ein an
der Charité entwickeltes neues Konzept zur Synthese und Testung
molekularer Bibliotheken vor, das sich nicht nur als erfolgreich für
die Wirkstoffindung erweist, sondern auch neue Perspektiven für die
medizinisch-molekulare Diagnostik eröffnet.
›Schlafende‹ Viren erwachen. Über
Virus-Reaktivierung bei immungeschwächten Patienten:
Das humane Cytomegalievirus
Detlev H. Krüger/Susanna Prösch
Heft 2/94, S. 14-20.
abstract
Infektionen mit dem humanen Cytomegalievirus (HCMV) verlaufen bei
den meisten Menschen ohne wesentliche Krankheitssymptome. Ernsthafte
und oft fatale Folgen (darunter Entzündungen von Lunge, Leber, Auge,
Gehirn) haben jedoch Neuinfektionen oder Virus-Reaktivierungen bei
Patienten mit reduzierter Immunantwort. Im Zusammenwirken mit mehreren
Kliniken und insbesondere mit dem Institut für Medizinische Immunologie
der Charité gelang es, eine molekulare Frühdiagnostik von aktiven
HCMV-Infektionen aufzubauen. Mit molekulargenetischen Methoden ist es
außerdem möglich, verschiedene Virusstämme voneinander zu
unterscheiden. Unser besonderes Interesse gilt den Mechanismen einer
Virus-Reaktivierung im Organismus. Es konnte erstmalig gezeigt werden,
daß ein bestimmter körpereigener Botenstoff der Tumor Nekrosis-Faktor
alpha (TNFa) eine solche Aktivierung bewirkt. Diese Erkenntnis bietet
Ansatzpunkte für die Verhinderung und Bekämpfung von
Virusinfektionen.
Mechanische Herz-Assistenz. Mechanische Pumpen zum Ersatz der Herzfunktion
Ferdinand Rudolf Waldenberger/Horst
Rudolf Laube
Heft 2/94, S. 22-27.
abstract
Der Ersatz des Herzens durch mechanische Pumpen war lange Zeit ein
Traum, der durch die Köpfe von Forschern und Ärzten spukte. Auch wenn
es mittlerweile zahlreiche funktionsfähige Kunstherzen gibt -
ausgeträumt ist der Wunsch noch nicht, denn: Der Einsatz von
Kunstherzen wirft im Hinblick auf die technische Optimierung und den
therapeutischen Einsatz noch immer einige Probleme auf. Wir befassen
uns daher u.a. mit zentralen Problemen im Zusammenhang mit Herzversagen
bei mechanisch gestützter Zirkulation sowie mit Fragen über Zeitpunkt
und Dauer des Einsatzes. Einige experimentelle und klinische
Untersuchungsergebnisse stellen wir in diesem Beitrag vor.
Lebensformen in Deutschland. Über Familie, Familienentwicklung und Lebensverlauf
Hans Bertram
Heft 2/94, S. 30-34.
abstract
Hat die traditionelle Familie ausgedient? Wird diese mehr und mehr
abgelöst durch alternative Lebensformen (Single-Haushalte,
doppelverdienende Paare ohne Kinder, Alleinerziehende ?)? Folgt man
verbreiteten Ansichten in Politik, Wissenschaft und öffentlicher
Meinung, ist dies eine typische Entwicklungstendenz der Gegenwart.
Allerdings: nimmt man die ?harten? empirischen Tatsachen genauer unter
die Lupe, kann man den Widerspruch zwischen Empirie und ?Meinung? nur
als paradox bezeichnen. Der Beitrag geht ausgewählten Paradoxen näher
auf den Grund. Bedeutsam ist hier eine genauere Analyse u.a. im
Hinblick auf ökonomische, finanz-, steuer- und wirtschaftspolitische
Entscheidungsprozesse.
Entzugserscheinungen? Zur Dekontamination und Sanierung schwermetallbelasteter Böden durch Pflanzenentzug
Reinhart Metz
Heft 2/94, S. 36-38.
abstract
Schwermetallgehalte im Boden können durch die Bodenbeschaffenheit
(geogen) und durch den Menschen (anthropogen) bedingt sein. In einigen
Bergbaugebieten (z.B. Freiberg/Sachsen, Stollberg/NRW) liegen sehr fest
gebundene Bodengehalte an einzelnen Elementen vor. Diese übertreffen
teilweise die als unbedenklich bezeichneten Grenzwerte. Auf vielen
Altlaststandorten (u.a. Deponieflächen, Abproduktverwertungsflächen,
Industrie- und Militärgelände) treten Schwermetalle in
unterschiedlichen Bindungsformen zum Teil in solchen Mengen auf, daß
die künftige Nutzung stark beeinträchtigt wird. Bisherige Verfahren der
Sanierung derartiger Flächen (z.B. Bodenwaschanlagen) scheitern an
ökonomisch vertretbaren und ökologisch verantwortbaren Möglichkeiten.
Am Beispiel der Berliner Rieselfelder mit ehemals etwa 12.000 ha
landwirtschaftlicher Nutzfläche werden in diesem Beitrag die Gefahr des
Schadstofftransfers in die Nahrungskette und die Möglichkeiten der
Bodendekontamination durch Pflanzenentzug dargestellt. Untersuchungen
dazu laufen an der Humboldt-Universität seit 1969.
Chronische Schmerzen. Psychobiologie und interdisziplinäre Therapie
Herta Flor
Heft 2/94, S. 40-45.
abstract
Rund 80% der deutschen Bevölkerung sind gelegentlich, ca. 5%
ständig von chronischen Schmerzen betroffen. Die Folgen sind - neben
dem physischen Leiden - u.a. psychische Probleme, Störungen im sozialen
Beziehungsgeflecht, Gefährdung des Arbeitsplatzes, volkswirtschaftliche
Einbußen (durch verlorene Arbeitstage), finanzielle Belastungen des
Gesundheitswesens. Bei der Behandlung chronischer Schmerzen, die stets
körperliche und psychische Komponenten haben, herrscht immer noch das
Mißverständnis vor, daß Schmerz ein ausschließlich körperliches Problem
ist und vor allem mit medizinischen Mitteln behoben werden soll. Wir
haben demgegenüber in mehreren Studien die psychobiologischen
Grundlagen chronischer Schmerzen erforscht und wirksame
interdisziplinäre Schmerztherapien entwickelt und erprobt.
Über Formen und Funktion der Komik im "Lalebuch"
Helga Neumann/Werner Röcke
Heft 2/94, S. 46-50.
abstract
Was ist komisch? Wie wird Lachen hervorgerufen und welchen Effekt
hat es für den, der lacht? Liegt Komik im Gegenstand, oder in der Art,
wie darüber geredet wird? Welche Funktion hat komische Literatur, ist
Lachen ein harmloses Vergnügen? Im Rahmen eines Forschungsprojektes
soll eine "Literaturgeschichte des Lachens in Mittelalter und früher
Neuzeit" erarbeitet werden. Als Beispiel sei hier das "Lalebuch"
vorgestellt, ein komplexer Roman des 16. Jahrhunderts - und die Vorlage
für die allseits bekannten, auch heute noch gern zitierten, hilflos
vertrottelten "Schildbürger" ? .
Wissenschaftsgeschichte -
exemplarisch:
Gustav von Schmoller (1838-1917). Die Einheit der historischen
Sozialwissenschaft und die Einheit von Wissenschaft und Praxis
Rüdiger vom Bruch
Heft 2/94, S. 52-57.
abstract
Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt bleibt immer an eine
sichernde Kenntnisnahme des bereits Erkannten gebunden, sei es in
Fortschreibung, Abwehr oder Überwindung. Da der aktuelle
Erkenntnisstand, zumal in den Buchwissenschaften, auf bereits
publizierten - gelegentlich bereits weit zurückliegenden - Forschungen
gründet, enthält jede mit neuen Forschungen einhergehende
Literaturrecherche ein Stück Wissenschaftsgeschichte. Insofern ist
wissenschaftliche Arbeit perspektivisch notwendig mit
Wissenschaftsgeschichte verknüpft, auch wenn das Interesse an und die
Beschäftigung mit dieser Aufarbeitung sehr unterschiedlich ausfallen
wird, auch wenn es sich häufig dabei, in Anlehnung an Wittgenstein, nur
um Leitern handelt - nach Gebrauch wegzuwerfen. Der vorliegende Beitrag
diskutiert an einem konkreten Beispiel - Gustav Schmoller - ein Modell
für Wissenschaftsgeschichte in historischer Absicht an der
Humboldt-Universität.
Das Institut für deutsche Sprache und Linguistik
Norbert Fries
Heft 2/94, S. 58-61.
abstract
"Mir fehlen die Worte!" - gibt's nicht, denn bekanntlich kann man
"nicht nicht kommunizieren" (P. Watzlawick). Irgendwie findet
Kommunikation also immer statt. Versucht man, diesem "Irgendwie" näher
auf die Spur zu kommen, ist man sehr schnell im "weiten Feld" der
Sprachwissenschaft: bei Grammatik, Syntax, Semantik, Sozio-, Psycho-,
Computerlinguistik ? . Die Bedeutung der Wissenschaftsdisziplin
zeigt sich u.a. in ihrer praktischen Zielsetzung als angewandte
Sprachwissenschaft. Der Bogen spannt sich hier von der Effektivierung
des mutter- und fremdsprachlichen Unterrichts über die elektronische
Sprachverarbeitung und die Sprachtherapie bis hin zu Zusammenhängen von
Sprache und Denken. Das breite Forschungsfeld und die Bedeutung der
Sprachwissenschaft erfordern - und rechtfertigen - demzufolge eine
starke Präsenz im Wissenschaftsbetrieb. An der Humboldt-Universität ist
sie mit dem Institut für deutsche Sprache und Linguistik daher in
bemerkenswerter Breite und Tiefe vertreten. Einen Überblick gibt der
vorliegende Beitrag.