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Wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Landnutzungswandel in einer globalisierten Welt erfassen

In einem kürzlich erschienenen Buch untersuchen Forscherinnen und Forscher der Humboldt- Universität zu Berlin (HU), wie der globale Landnutzungswandel durch das Konzept „telecoupling“ besser zu verstehen ist

Landnutzung ist für unser Wohlergehen und damit für viele der großen Nachhaltigkeitsherausforderungen des 21. Jahrhunderts von zentraler Bedeutung. Dazu gehören unter anderem die globale Ernährungssicherung, die Eindämmung des Klimawandels, der Zugang zu sauberem Wasser und sauberer Luft sowie der Schutz von Biodiversität. Landnutzung nachhaltig zu gestalten, ist jedoch schwierig, denn aufgrund komplexer Globalisierungsprozesse sind hier weit entfernte Regionen miteinander verbunden. Solch globale Beziehungen zwischen verschiedenen Orten der Erde werden im Feld der Land System Science zunehmend mit Hilfe des telecoupling-Konzepts analysiert. Dieses Konzept ist nun Thema eines soeben bei Palgrave McMillan veröffentlichten Buches von Dr. Cecilie Friis und Prof. Jonas Ø. Nielsen von der Humboldt–Universität zu Berlin (HU). Das Buch trägt den Titel „Telecoupling. Exploring Land-Use Change in a Globalised World“.

„Wenn wir von telecoupling sprechen, dann meinen wir damit ein Netzwerk weitreichender Ströme“, erklären die beiden Herausgeber. „Diese ‚Ströme’ können Rohstoffe, Produkte oder Energie umfassen, es kann sich aber auch um Menschen, Informationen oder Politiken handeln, um Technologie- oder Kapitalfluss.“ So sei beispielsweise die Schweinezucht in Niedersachsen nur möglich, weil als Futtermittel für die Tiere Soja aus Brasilien ‚fließe’ – Importe also, die sowohl durch andere Ströme beeinflusst werden als auch umgekehrt selbst Einfluss üben, etwa in Bezug auf Handelsbeziehungen, Technologietransfer oder Informationsfluss. „In unserem Alltag machen wir uns oft gar nicht klar, wie die Produkte, die wir konsumieren, direkt und indirekt mit dem Landnutzungswandel in weit entfernten Regionen zusammenhängen, etwa mit der Abholzung von Regen- und Trockenwäldern. Ein Vorgang, den die Produktion von Soja als Viehfutter für Schweine in Niedersachsen nur noch weiter begünstigt“, erläutern die Forscherin und der Forscher. Mit ihrem Buch wollen sie deshalb zu einem besseren Verständnis dieser räumlichen Entkoppelung von Produktion und Konsum landbasierter Erzeugnisse beitragen. „Die Bodenressourcen unserer Erde sind begrenzt und wir müssen klug entscheiden, wie wir sie nutzen. Es ist unabdingbar zu verstehen, was Landnutzungswandel antreibt.“

Friis und Nielsen, beide tätig am Integrativen Forschungsinstitut zu Transformationen von Mensch-Umwelt-Systemen (IRI THESys) sowie am Geographischen Institut, arbeiten seit langem zum Thema Landnutzungswandel, seinen Ursachen und Konsequenzen. Für ihr Buchprojekt konnten sie eine große Gruppe von weltweit führenden Forscherinnen und Forschern gewinnen, darunter auch mehrere Kolleginnen und Kollegen der HU. Gemeinsam analysieren sie die Bedingungen, die dem Phänomen telecoupling zugrunde liegen, die Auswirkungen und verfügbaren Steuerungsinstrumente, die telecoupling-Systeme in erwünschte Bahnen lenken, sowie Methoden, mit denen Ströme über große Distanzen erfasst werden können.

„Die Idee zu dem Buch entstand, weil wir unser Wissen über ´ferngekoppelten` Landnutzungswandel zusammentragen wollten. Wir wollten prominente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für eine Reflexion des telecoupling-Konzeptes einladen, um herauszufinden, wie es uns helfen kann, die globalen Verbindungen, die Landnutzungswandel an ganz bestimmten Orten ausmacht, besser zu erfassen“, so die Geographin und der Geograph. „Es war uns wichtig, ein Buch zu machen. Land System Science definiert sich vor allem über Zeitschriftenartikel, Bücher bewirken aber etwas ganz anderes. Sie reflektieren in kollektiver und organisierter Weise ein relevantes Thema – zum Beispiel wie wir unsere Welt nachhaltiger gestalten. Wir hoffen, dass unser Buch genau dazu beiträgt und auch die Wissenschaft bereichert“, schließen Fries und Nielsen.

Das Buch ist ein Beitrag zum Global Land Programme, bei dem Prof. Nielsen Mitglied des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses ist und Dr. Fries eine Arbeitsgruppe zu telecoupling leitet. Telecoupling ist zudem zentrales Thema von "COUPLED. Operationalising telecouplings for solving sustainability challenges related to land use", einem Ausbildungsprogramm der Innovative Training Networks (ITN), das im Rahmen von EU Horizont 2020 gefördert und von Prof. Nielsen koordiniert wird.

Publikation

Friis, C. und J.Ø. Nielsen, Hrsg. (2019): Telecoupling. Exploring Land-Use Change in a Globalised World. Palgrave McMillan.

Link zur Publikation

Kontakte

Dr. Cecilie Friis

Tel.: +49 (030) 2093-66349
cecilie.friis@hu-berlin.de

Prof. Jonas Østergaard Nielsen

Tel.: +49 (030) 2093-66341
jonas.ostergaard.nielsen@hu-berlin.de