Geschichte
Von den Anfängen bis zur Gegenwart
Wer heute von Adlershof spricht, meint oft das neue "Berlin Adlershof“, das als zweitgrößtes städtebauliches Entwicklungsprojekt Berlins seit 1993 entwickelt wurde und heute als wichtigster Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Berlin-Brandenburgs zu den 15 größten Scienceparks weltweit zählt. Der Campus der Humboldt-Universität liegt inmitten von Berlin Adlershof. Noch heute sind hier zahlreiche bauliche Spuren der Luftfahrt-, Wissenschafts-, Medien- und Militärgeschichte dieses Ortes erkennbar. Einige davon wurden in universitäre Nutzungen integriert.
Der Ortsteil Adlershof, der sich nordöstlich der Bahnlinie entlang der Dörpfeldstraße erstreckt, ist hingegen schon über 250 Jahre alt. Er ist seit September 2011 mit einer neuen Straßenbahnlinie direkt mit dem Campus verbunden.
Wiege der deutschen Motorluftfahrt
Im Jahr 1909 wurde auf dem Gelände nordwestlich der Universitätsgebäude der erste Motorflugplatz Deutschlands eröffnet. Ab 1912 errichtete die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrtforschung (DVL), Vorläuferin des heutigen Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), hier umfangreiche Forschungs- und Produktionsanlagen. Mit dem Aufschwung der Luftfahrt ab Ende der 1920er Jahre entwickelte sich auch die Luftfahrtforschung rasant. Sie profitierte ab Mitte der 1930er Jahre stark vom Rüstungsprogramm der Nationalsozialisten. Ein mit dem Reichsluftfahrtministerium abgestimmtes „erweitertes Ausbauprogramm für die Jahre 1932-1936“ ermöglichte unter anderem den Bau des Großen Windkanals, des Trudelwindkanals und des Schallgedämpften Motorenprüfstands. Während des Zweiten Weltkrieges liefen die Forschungsarbeiten der DVL an diesem Standort auf Hochtouren.
Im Rahmen der Aufrüstung begannen die Henschel-Werke ab Mai 1933 in Johannisthal mit der Entwicklung und dem Bau von Militärflugzeugen. Während des Krieges kamen in ihren Werken in Johannisthal und Schönefeld Zwangsarbeiter zum Einsatz. Eines der größten Berliner Lager befand sich am heutigen Groß-Berliner Damm.
Weitere Informationen: http://www.luftfahrtstaetten.de/
Akademie der Wissenschaften
Die Akademie der Wissenschaften der DDR wurde von der sowjetischen Militäradministration in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg zunächst als Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) errichtet. Bereits ab Ende Oktober 1946 konnte die Akademie eigene Forschungsinstitute unterhalten. Mehrere ehemalige Kaiser-Wilhelm-Institute wurden integriert, wodurch sich der traditionelle Forschungsschwerpunkt stark auf den naturwissenschaftlich-technischen Bereich verlagerte. Ein Teil dieser Institute siedelte sich auf dem Adlershofer Gelände zwischen Bahnlinie und Teltowkanal an. Im Rahmen des Fünfjahresplans 1956-1960, der unter anderem den Aufbau moderner Industrien im Rahmen der Wiederbewaffnung enthielt, entwickelte sich die DAW zur zentralen Forschungsorganisation der DDR, die durch Gutachten und die Beratung der Regierung auch großen forschungspolitischen Einfluss hatte. In den 60er und 70er Jahren wurde die Akademie als zentrale Wissenschafts- und Forschungsinstitution gefestigt und direkt in die Herrschaftsstruktur der SED integriert. Sie wurde am 7. Oktober 1972 in „Akademie der Wissenschaften der DDR“ (AdW) umbenannt und umfasste nunmehr fast ausschließlich naturwissenschaftlich-technische Sachgebiete. Zum Zeitpunkt der Wende arbeiteten in den 58 Forschungseinrichtungen der AdW mehr als 20.000 Menschen, davon allein 5.400 in den 15 Einrichtungen der chemischen und physikalischen Forschung, die in Adlershof angesiedelt waren.
Deutscher Fernsehfunk DFF
Das denkmalgeschützte Ehrlich-Ensemble nahe des Bahnhofs Adlershof zeugt von der Zeit, als der "Sandmann" und „Die aktuelle Kamera“ aus Adlershof gesendet wurden. Die Fernsehstudios in Berlin-Adlershof wurden Anfang der 1950er Jahre gebaut und stetig erweitert. In zweieinhalb Jahren wurde mit 60 Millionen Ostmark das damals größte Fernsehstudio Europas errichtet. Am 3. Januar 1956 nahm das DDR-Fernsehen seinen regulären Sendebetrieb auf. Reguläre Farbfernsehsendungen gab es ab dem 7. Oktober 1969, dem 20. Jahrestag der Gründung der DDR. Ein paar Tage zuvor war bereits das 2. Programm auf Sendung gegangen. In den 70er und 80er Jahren machte die SED das „Fernsehen der DDR“, wie es seit 1972 genannt wurde, immer mehr zu ihrem Propaganda-Instrument.
1991 wurde der DFF aufgelöst und der Besitz sowie Teile der Mitarbeiterschaft entweder in die bereits bestehenden ARD-Rundfunkanstalten West überführt oder in neue öffentlich-rechtliche Anstalten umgewandelt.
Wachregiment Feliks Dzierzynski
Wer vor 1989 die S-Bahnbrücke am Bahnhof Adlershof unterquert hatte und die Rudower Chaussee entlang fuhr, kam an einem Gebäudekomplex vorbei, der durch hohe Mauern hermetisch abgeriegelt und durch Wachtürme geschützt war. Hier residierte seit dem Frühjahr 1950 das Wachregiment des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, das 1967 den Namen Feliks Dzierzynski erhielt. Das zum Zeitpunkt seiner Gründung etwa 1000 Mann umfassende Wachregiment hatte bei seiner Auflösung 1989 mehr als 11000 Mitglieder. Zu den Aufgaben der Soldaten im Wachregiment gehörten vor allem die Sicherung von Gebäuden des Staatsapparates der DDR und der SED und der Schutz der 1958 errichteten Waldsiedlung in Wandlitz bei Berlin. Die Angehörigen des Wachregiments waren in der Regel „normale“ Wehrpflichtige, die sich allerdings für mindestens drei Jahre verpflichtet hatten. Das Wachregiment war an der Niederschlagung des Aufstands von 17. Juni 1953 ebenso beteiligt wie an der Sicherung der Berliner Mauer bei ihrem Bau 1961.
Einige der ehemaligen Kasernenbauten sind nach der Wende erhalten geblieben und wurden modernisiert und umgebaut. Zwei von ihnen beherbergen heute das Institut für Psychologie und das Geographische Institut der Humboldt-Universität.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands
Adlershof erhielt im Rahmen der „Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Berlin-Johannisthal/Adlershof“ neue Straßen, eine moderne technische Infrastruktur und architektonisch anspruchsvolle Neubauten. Aufbauend auf die die Wissenschafts- und Medientradition und die noch erhaltenen Strukturen des Standortes wurde die Entscheidung getroffen, Adlershof zu einem international renommierten Wissenschafts-, Wirtschafts- und Medienstandort zu entwickeln.
Bereits im Jahr 1991 war die Entscheidung getroffen worden, Teile der Humboldt-Universität am ehemaligen Wissenschaftsstandort der DDR anzusiedeln. Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Institute sollten neben außeruniversitären Forschungseinrichtungen und technologieorientierten Unternehmen tragende Säulen des Wissenschafts- und Technologieparks innerhalb der „Stadt für Wissenschaft, Wirtschaft und Medien“ werden. Im Zuge eines städtebaulichen Wettbewerbs entstand 1993 der erste Rahmenplan für die Entwicklung des Gesamtgebietes. Die Humboldt-Universität legte 1995 ein umfassendes Konzept für ihren Campus vor. 1997 beschloss das Land Berlin die Finanzierung. Unter der Regie der Senatsbauverwaltung wurden die Neubauten geplant und bis 2003 errichtet (Chronologie des Umzugs).
Die mit dem Einigungsvertrag beschlossene Auflösung der Akademie der Wissenschaften der DDR und die zum Teil umstrittene, grundsätzlich jedoch mit positiven Ergebnissen abgeschlossene Evaluierung der Adlershofer Institute führte zu einer Umstrukturierung der Forschungslandschaft am Standort. Die chemischen Institute, die zum großen Teil mit „industrietypischer“ Anwendungsforschung befasst waren, wurden wesentlich reduziert. Es gelang jedoch, die technischen und physikalischen Forschungspotenziale in stärkerem Maße zu erhalten und in außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zu überführen. Die heute in Adlershof ansässigen 10 außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind in der Initiativgemeinschaft Außeruniversitärer Forschungseinrichtungen in Adlershof IGAFA e.V. zusammen geschlossen.
Neben Forschung und Lehre sind die wissenschaftsnahen Technologieunternehmen eine tragende Säule im Konzept Adlershofs. Gegenwärtig arbeiten auf dem Gelände des Wissenschafts- und Technologieparks über 550 technologieorientierte Unternehmen.
Auf dem ehemaligen Gelände des DDR-Fernsehens hat sich seit der Wende einer der größten Medienstandorte Deutschlands entwickelt.