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Wie sich Europa in Richtung Afrika entwickelt – Theorien aus dem Süden

Ein Vortrag von Jean und John Comaroff der Universität Chicago am 16. November 2010


Selten wird der „Globale Süden“ als eine Quelle von Theorie und Erklärung weltgeschichtlicher Ereignisse herangezogen. Da die Nationalstaaten der nördlichen Hemisphäre die Folgen von Finanzkrise und staatlichen Privatisierungspolitiken, von Korruption und ethnifizierten Konflikten zunehmend selbst spüren, scheint es, als würden sie sich gewissermaßen in Richtung Süden entwickeln - in positiver wie  problematischer Weise.

Im Rahmen des Institutskolloquiums "Decentering Europe. Postcolonial, postbloc perspectives for a reflexive European Ethnology" am Institut für Europäische Ethnologie beschäftigen sich Jean und John Comaroff mit dieser Frage, indem sie die übliche Ordnung der Dinge umkehren. Wie können Demokratie, Recht, nationale Grenzen, Religion und Okkultismus, Liberalismus und Multikulturalismus heute mit Theorien aus dem Süden neu verstanden werden?

Jean und John Comaroff
(Department of Anthropology, University of Chicago):
Theory from the South: How Europe is Evolving Towards Africa
16. November 2010, 18Uhr
Institut für Europäische Ethnologie
Mohrenstraße 40/41, Raum 311



Jean und John Comaroff verfassten die weltweit einflussreichsten Arbeiten aus ethnografischer, politischer und historischer Perspektive zu Kolonialismus und Postkolonialismus und deren Konsequenzen für die Menschheit. Ihre wesentliche These sagt aus, dass die Kolonialisierung der "Anderen" immer auch mit einem "inneren Kolonialismus" der "eigenen Anderen" (z.B. der Arbeiterklasse) einhergeht, dass also das koloniale Projekt ganz entscheidend auch an der Herstellung der eigenen Gesellschaft Anteil hat.

Jean Comaroff ist Bernard E. and Ellen C. Sunny Distinguished Service Professor of Anthropology an der University of Chicago und Direktorin des Chicago Center for Contemporary Theory. Sie ist auch Honorarprofessorin an der University of Cape Town. In intensiven Feldforschungsarbeiten hat sie die Entstehung und Beseitigung des Kolonialismus in Südafrika und Befreiungsbewegungen untersucht. Sie hat sich mit Fragen der Medizin, der Heilung und Körperpolitiken beschäftigt, ist Fragen von Religion und der Transformation von Staaten nachgegangen und befasste sich mit Verbrechen und der „Metaphysik“ von Unordnung.

John L. Comaroff ist Harold H. Swift Distinguished Professor of Anthropology an der University of Chicago und Research Professor an der American Bar Foundation. Er war außerdem Präsident der Association for Political and Legal Anthropology in den USA. In seiner aktuellen Forschung im Post-Apartheid-Südafrika bearbeitet er die Rolle von Verbrechen, polizeilicher Überwachung, der Tätigkeiten des Staates und fragt nach Demokratie und Differenz und der Natur postkolonialer Politiken.

Zu ihren gemeinsamen Veröffentlichungen der letzten Jahre gehören unter anderem
Theory from the South: Or How Euro-America is Evolving Toward Africa (2010), Ethnicity, Inc. (2009), Beyond the Politics of Bare Life: AIDS and the Global Order (2007), Law and Disorder in the Postcolony (hg. 2006), Criminal Obsessions, After Foucault: Postcoloniality, Policing, and the Metaphysics of Disorder (2004), Millennial Capitalism and the Culture of Neoliberalism (2000).

Die internationale Vortragsreihe wurde konzipiert und organisiert von Labor Europa / Europäisierung. Näheres zum Programm finden Sie unter: http://u.hu-berlin.de/institutskolloquium


WEITERE INFORMATIONEN

Manuela Bojadzijev
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Europäische Ethnologie
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Tel: 030 2093-3727  
E-Mail: manuela.bojadzije@hu-berlin.de
www.euroethno.hu-berlin.de