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Religionsunterricht fördert interreligiöse Kompetenzen

Forschergruppe der HU testete 1.600 Schülerinnen und Schüler

Eine interdisziplinäre Forschergruppe der Humboldt-Universität zu Berlin(Prof. Dr. Dietrich Benner, Prof. Dr. Rolf Schieder, Dr. habil. Henning Schluß, Dr. Dr. Joachim Willems, Roumiana Nikolova, M.A., Dr. Thomas Weiß) hat ein Modell religiöser Kompetenz entwickelt und dieses im Herbst 2008 bei 1.600 Schülerinnen und Schülern aus Berlin und Brandenburg im Fach Religion getestet. Das Ergebnis der repräsentativen Stichprobe belegt, dass evangelischer Religionsunterricht interreligiöse Problemlösungsfähigkeit fördert.

Damit liegen zum ersten Mal empirisch belastbare Ergebnisse über das Niveau religiöser und interreligiöser Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern vor. Dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt "Konstruktion und Erhebung von religiösen Kompetenzniveaus im Religionsunterricht am Beispiel des Evangelischen Religionsunterrichts" (KERK) gehören Forscher aus der allgemeinen Erziehungswissenschaft, der empirischen Bildungsforschung und der Religionspädagogik der Humboldt-Universität zu Berlin an.

In einem 90-minütigen Test wurden Kenntnisse sowie Deutungs- und Partizipationskompetenzen im Blick auf den Protestantismus, andere Konfessionen und Religionen und religionskulturelle Sachverhalte erhoben. Die Testaufgaben bezogen sich auch auf interreligiöses Grundwissen; ein weiterer Fokus lag auf der Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, interreligiöse Sachverhalte und Konfliktsituationen multiperspektivisch wahrzunehmen, politische, ökonomische, religiöse und soziale Dimensionen zu unterscheiden und angemessen zu interpretieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass der evangelische Religionsunterricht interreligiöse Kenntnisse und Kompetenzen vermittelt und fördert. Schülerinnen und Schüler, die kontinuierlich den Religionsunterricht besuchten, wissen deutlich mehr und sind interreligiös kompetenter als diejenigen, die keinen oder nur sporadisch Religionsunterricht besucht haben.



Folgende bildungspolitische Empfehlungen spricht die Forschergruppe aus
:

1. Die Forschergruppe empfiehlt, dem konfessionellen Religionsunterricht nicht mehr zu unterstellen, er sei ein Integrationshindernis an der öffentlichen Schule. Diese Vermutung kann durch die KERK-Studie als empirisch widerlegt gelten.

2. Die Ergebnisse dieser Studie belegen vielmehr, dass der evangelische Religionsunterricht einen wesentlichen Beitrag zum interreligiösen und interkulturellen Verstehen durch die Förderung von Problembewusstsein und Sprachfähigkeit leistet.

3. Die hohe Streuung der Kompetenzen zeigt allerdings, dass das Potential zur interreligiösen Kompetenzbildung langfristig und nachhaltig nur dann gesichert werden kann, wenn die Qualität des Unterrichts kontinuierlich überprüft, gesichert und weiter optimiert wird.

4. Die Qualität der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte spielt dabei eine zentrale Rolle.

5. Der Religionsunterricht hat sich -- wie jeder andere Unterricht auch an domänenspezifischen Qualitätsstandards zu orientieren.

6. Die ethische, interreligiöse und interkulturelle Bildung an den Schulen sollte koordiniert und Religionsunterricht generell auf ein integratives Konzept interreligiöser Bildung verpflichtet werden.

7. Die Verantwortung für eine solche Qualitätssicherung und Unterrichtsentwicklung kann mit Blick auf die Vielzahl der Religionen und Konfessionen nur beim Staat liegen.


Die gesamte Forschergruppe steht am 31.03.2009 um 11:00 Uhr in der Burgstraße 26 für weitere Nachfragen zur Verfügung. Um Anmeldung an die erste untenstehende Anschrift (Prof. Schieder) wird gebeten.



Weitere Informationen:

Prof. Dr. Rolf Schieder
Lehrstuhl für Praktische Theologie und Religionspädagogik
Theologische Fakultät
Humboldt-Universität zu Berlin
rolf.schieder@rz.hu-berlin.de
Tel. (030) 2093-5768


Prof. Dr. Dietrich Benner
Abteilung Allgemeine Erziehungswissenschaft
Philosophische Fakultät IV
Humboldt-Universität zu Berlin
dietrich.benner@rz.hu-berlin.de
Tel. (030) 2093-4092