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Semesterstart: Studium mit Beeinträchtigung

Interview mit Katrin Rettel, Beauftragte für Studierende mit Beeinträchtigung an der HU

Das Team „Studium mit Beeinträchtigung“ unterstützt Studierenden, Schüler:innen und Studieninteressierten mit Beeinträchtigung. Die Beratung findet vertraulich sowie auf Wunsch anonym statt; die Mitarbeiter:innen unterliegen dem Datenschutz und der Verschwiegenheitspflicht. Katrin Rettel ist Beauftragte an der HU für Studierende mit Beeinträchtigung.

An wen richtet sich das Unterstützungsangebot?

Katrin Rettel: Beeinträchtigung ist ein sehr weiter Begriff, der den Begriff Behinderung mit einschließt. Wir haben uns für Beeinträchtigung entschieden, da wir festgestellt haben, dass sich viele Studierende bei Behinderung nicht verorten können. Uns ist es wichtig, klar zu machen, dass wir uns nicht nur auf körperliche Beeinträchtigungen beziehen, wie bspw. Personen, die einen Rollstuhl nutzen oder blinde Personen. Denn körperlich sichtbare Beeinträchtigungen machen den kleinsten Anteil unserer Zielgruppe aus. Viel öfter wirken sich chronische und psychische Erkrankungen studienerschwerend aus. Laut einer Studie des Deutschen Studentenwerks haben elf Prozent der Studierenden eine studienerschwerende Beeinträchtigung. Über 50 Prozent davon sind psychische Erkrankungen.

Wie wird den Studierenden von euch geholfen?

Katrin Rettel: Wir beraten vor allem zum Nachteilsausgleich. Das ist eine Möglichkeit, die Studierende sowohl bei Studienleistungen als auch bei Prüfungsleistungen in Anspruch nehmen können. Wenn jemand bspw. Konzentrationsschwierigkeiten aufgrund einer Beeinträchtigung hat, könnte eine Schreibzeitverlängerung hilfreich sein und kann beantragt werden. Die Möglichkeiten sind hier bewusst offen gehalten und werden individuell angepasst. Jedoch stellt lediglich ein Drittel der Studierenden, die einen Anspruch darauf hätten, überhaupt einen Antrag. Der Nachteilsausgleich ist aber nur das zweitbeste Instrument, weil es natürlich am besten ist, wenn die Lehre so inklusiv gestaltet wird, dass ein Nachteilsausgleich gar nicht notwendig ist.

Außerdem beraten wir Studieninteressierte zum Härtefallantrag und, zusammen mit der Beratungsstelle Barrierefrei Studieren vom studierendenWERK Berlin, zu Inklusionsleistungen. Das können technische Hilfen, wie Sprachprogramme oder Laptops mit bestimmten Funktionen, Büchergeld, Gebärdensprachdolmetscher:innen oder auch eine Studienassistenz sein.

Welche Veränderungen gab es durch die Pandemie bei Eurer Arbeit?

Katrin Rettel: Die Umstellung auf die Online-Beratung hat anfangs etwas gedauert, wurde dann aber gut angenommen. 

Dabei gibt es natürlich auch Vorteile, wie die Ortsunabhängigkeit z.B. dadurch gibt es weniger Barrieren für bestimmte Personen, die zu uns kommen möchten. Andererseits ist die Anmeldung per Mail und Durchführung über Zoom eine neue Barriere, da sie Personen ausschließt, die nicht die technischen Möglichkeiten haben. Eine anonyme Beratung ist derzeit noch besser möglich, wobei diese zuvor auch schon in unseren Telefonsprechstunden möglich war. Andererseits kann die Anmeldung per E-Mail und Durchführung über Zoom eine neue Barriere sein, da sie vielleicht Personen ausschließt, die nicht die technischen Möglichkeiten haben oder die sich scheuen, sich anzumelden. Da wir inzwischen auch Präsenzberatungen anbieten, achten wir auch auf die Hygienemaßnahmen, was einerseits etwas mehr Aufwand bedeutet, andererseits auch vorteilhaft und wichtig ist, und zwar für beide Seiten.

Welche Barrieren gibt es in diesem Semester?

Katrin Rettel: Es gibt Studierende, die total gut mit der hybriden Lehre klar kommen und sagen, dass diese sogar Barrieren abbaut. Gerade asynchrone Formate werden sehr gern angenommen, da sie viel Flexibilität ermöglichen. Erfreulich ist auch, dass wir inzwischen mit Zoom und Opencast automatische Untertitelung haben. Aber für viele ist es auch schwieriger geworden, bspw. durch die stundenlange Arbeit vor dem Bildschirm, und weil teilweise die technischen Möglichkeiten begrenzt sind, also bspw. die Internetverbindung instabil oder die Tonqualität nicht ideal ist. 

Für gehörlose Studierende kann es ein Problem sein, wenn die Dolmetscher:innen nicht im selben Raum sind. Bei der Übertragung gibt es manchmal eine Verzögerung, die es schwer macht, den Inhalten zu folgen. In der Regel wird auch zu zweit gedolmetscht, das heißt, dass die Dolmetscher:innen sich über die Kameras abwechseln müssen.

Welche Tipps haben Sie für die Erstsemester?

Erstmal ankommen. In Ruhe schauen, was an der Uni wie läuft. Und wenn man merkt, irgendwo hakt es, Unterstützung holen. Auf der Webseite „Wohin wende ich mich mit meinem Anliegen?“ gibt es eine hilfreiche Übersicht über die häufigsten Anliegen rund ums Studium und die richtigen Ansprechpartner:innen. Die Beratungsangebote sind für die Studierenden da, also nehmen Sie gern Kontakt auf!

Gerade bei Nachteilsausgleichen besteht noch viel Unsicherheit: Habe ich da überhaupt Anspruch? Wie sieht so ein Antrag aus? Der erste Schritt besteht immer darin, sich Dinge bewusst zu machen und Fragen zu stellen. Der Rest passiert dann quasi von selbst.

Weiter Informationen

Studium mit Beeinträchtigung und Hinweise zu den Beratungsmöglichkeiten

Beratungen

  • Online-Beratung, dienstags (13 bis 15 Uhr) vorherige Anmeldung notwendig unter barrierefrei.studieren@hu-berlin.de
  • Telefonische Beratung, mittwochs (11 bis 12 Uhr) unter 030 2093-70345, die Nummer ist nur in der Stunde live geschaltet
  • Auf Anfrage bieten wir, nach Anmeldung, auch Mittwoch Nachmittag eine Beratungstermin an

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