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„Die Region muss auch lern- und transformationsfähig sein“

Prof. Dr. Jörg Niewöhner berichtet im Interview über das Projekt „Climate and Water under Change“, Herausforderungen in der Modellregion Berlin-Brandenburg und was diese so besonders macht
 Jörg Niewöhner

 Prof. Dr. Jörg Niewöhner, Foto: IRI THESys

Prof. Dr. Jörg Niewöhner ist Direktor des IRI THESys der Humboldt-Universität. Seine Promotion erlangte er 2001 an der University of East Anglia in Umweltwissenschaften. 2004 wechselte er an das Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin, um die »Collaboratory: Social Anthropology and Life Sciences« zu entwickeln. Heute hat er den Lehrstuhl für Europäische Ethnologie: Stadtanthropologie und Mensch-Umwelt Beziehungen inne.

Womit genau befasst sich das Projekt „Climate and Water under Change“ Emerging challenges and Strategien for coordinated action in the model region Berlin-Brandenburg?

Prof. Dr. Jörg Niewöhner: Die Einstein Research Unit Climate and Water under Change hat zum Ziel, die Krisenfestigkeit des Climate-Water-Governance Nexus in Berlin-Brandenburg zu verbessern. In einem inter- und transdisziplinären Prozess werden wir gemeinsam mit Stakeholdern und der Bevölkerung versuchen zu verstehen, wie sich veränderte klimatische Bedingungen auf den Wasserhaushalt in der Region auswirken und wie man damit gesellschaftlich umgehen kann.

Wir haben dabei drei Fallstudien im Fokus: Starkregen in Berlin und die Auswirkungen auf Wasserqualität und Infrastruktur; die absinkenden Wasserstände im Groß Glienicker und im Sacrower See; und das brandenburgische Einzugsgebiet der Spree und die Veränderungen von Ökosystemleistungen (Agrar, Forst, Tourismus) darin. Es geht jeweils um die enge Zusammenarbeit aus Natur- und Sozialwissenschaften mit Verwaltung, Stakeholdern und Öffentlichkeiten, um gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln mittels derer Zukünfte realisiert werden können, die mit den vorhandenen Wasserresourcen sorgsam umgehen.

Welche wasserbezogenen Herausforderungen gibt es in der Modellregion Berlin-Brandenburg?

In Berlin: Starkregenereignisse bedrohen Infrastruktur und Gebäude; außerdem aufgrund der Mischkalkulation die Wasserqualität. In Brandenburg: sinkende Grundwasserspiegel aufgrund steigender Temperaturen und zu wenig und zu heftiger Niederschlag. Die Herausforderung für Brandenburg ist also vor allem, das Wasser in der Landschaft zu halten, damit Forste, Landwirtschaft und Freizeitnutzung weiterhin möglich sind.

Was macht die Modellregion Berlin-Brandenburg so besonders?

Eine sehr trockene Region. Starke Stadt-Land Interdependenzen bei gleichzeitig sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Verhältnissen mit Bezug auf Wasser. Historisch wie gegenwärtig betrachtet, eine politisch, ökonomisch, ökologisch und kulturell sehr vielfältige Region.

Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich in Bezug auf wasserbezogene Gefahren und die Verfügbarkeit von guter Wasserqualität von dem Projekt für die Modellregion Berlin-Brandenburg?

Wir erhoffen uns ein besseres Verständnis der Prozesse, die den Wasserhaushalt und damit Landschaft und Gestaltungsmöglichkeiten verändern. Diese möchten wir gemeinsam mit Stakeholdern diskutieren, um zu entscheiden, wie wir mit diesen Veränderungen umgehen möchten. Krisenfestigkeit heißt in diesem Fall nicht nur robust gegen Extremereignisse wie Dürren oder Starkniederschlägen. Die Region muss auch lernfähig und transformationsfähig sein bzw. werden, um mit den sich rasch verändernden Umweltbedingungen so umzugehen, dass die Bedürfnisse von Menschen und Ökosystemen weiter erfüllt werden können.

Die Fragen stellte Mariesa Keskemeti.

Open Humboldt Festival 2022

„Wasser“ ist eines der Themen, die auf dem diesjährigen Open Humboldt Festival der Humboldt-Universität im Fokus stehen.

  • Der Workshop „Ich sehe Was(ser), was du nicht siehst“ am 29. Juni um 17 Uhr macht  den versteckten Wasserverbrauch sichtbar. Dr. Theresa Frommen und Prof. Dr. Dieter Gerten erklären im Workshop, welche Auswirkungen unser Lebensstil auf die Wasserprobleme der Erde hat. Die Teilnehmer:innen ermitteln im Workshop den Wasserverbrauch für die Produktion verschiedener Produkte und bestimmen ihren eigenen „Wasserfußabdruck“.
    Zur Anmeldung
  • Prof. Dr. Dieter Gerten hält am 29. Juni 2022 um 18 Uhr die KOSMOS-Lesung „Wasserkrise in der Klimakrise – was nun?“. Wassermangel, Dürren und Überschwemmungen, Wasserverschmutzung und Wasserkonflikte – die Wasserkrise auf dem „blauen Planeten“ hat sich verschärft. Prof. Gerten zeigt Ursachen und Lösungsmöglichkeiten auf und hält ein Plädoyer für eine neue Wasserethik.
    Zur Anmeldung
  • Über „Kleine Flüsse, große Fluten“ spricht der Autor Norbert Scheuer in der Mosse Lecture am 30. Juni 2022, um 19.15 Uhr. Davor lädt um 16.30 Uhr Tobias Krüger gemeinsam mit dem Journalisten und Literaturkritiker Lothar Müller zu einem Spaziergang entlang der Panke und der Spree ein, um die Berliner Flüsse sowohl aus hydrologischer als auch aus literarischer Sicht besser kennenzulernen.