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Ältere nehmen heute ihr Leben als selbstbestimmter wahr als frühere Generationen

Internationale Studie über Kontrollerleben im Alter

Es gibt eine gute Nachricht für alle, die sich über das Älterwerden Gedanken machen: Nicht alles wird schlechter im Alter. Die heute 65-Jährigen empfinden im Durchschnitt erheblich weniger Einschränkungen in ihrem Kontrollerleben als die 65-Jährigen vor 18 Jahren. Das bedeutet, ihre wahrgenommene Selbstbestimmung über das eigene Leben ist historisch betrachtet gestiegen. Zugleich zeigt sich ein gegenteiliges Bild für jüngere Erwachsene: die Generation der heute 25- bis 39-Jährigen fühlt ihr Leben weniger unter Kontrolle zu haben als Gleichaltrige vor 18 Jahren.

Zu diesen Schlüssen kommt eine gemeinsame Studie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Université catholique de Louvain (Belgien) und der Brandeis University (USA). Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Developmental Psychology veröffentlicht.

Die Ergebnisse basieren auf Daten einer landesweiten Stichprobe in den USA. Danach haben mehrere Bevölkerungsgruppen, die in ihrer wahrgenommenen Kontrolle früher benachteiligt waren (wie etwa ältere Erwachsene und Frauen), aufgeholt – während die Lücke für andere Bevölkerungsgruppen in diesem Bereich zuzunehmen scheint.

Die Wissenschaftler bringen das gesteigerte Kontrollempfinden mit soziokulturellen Faktoren wie dem gesteigerten Bildungsniveau in Verbindung. Zur höheren Selbstbestimmung bei Älteren tragen auch die bessere körperliche Fitness und die damit verbundene höhere Selbstständigkeit im Alter bei. Ähnliche Befunde wie für die USA konnte die Forschergruppe um Dr. Johanna Drewelies (HU) auch bei älteren Menschen in Deutschland und den Niederlanden aufzeigen.

„Wir rechnen jedoch damit, dass die positiven Effekte auf die wahrgenommene Kontrolle im Alter am Lebensende deutlich abnehmen“, ergänzt Prof. Dr. Denis Gerstorf. Dafür sprechen aktuelle Studien, die speziell die letzten Lebensjahre älterer Menschen in den Blick nehmen.

Methodik

Die Forscher nutzten repräsentativen Daten von US-Bürgerinnen und -Bürgern, die im Rahmen der Midlife in the US Study (MIDUS) nach ihrem Kontrollerleben befragt wurden. Diese verglichen sie mit den Daten der Vorgängerstudie aus den frühen 1990er-Jahren. Sie identifizierten für den Abgleich 2.223 „statistische Zwillingspaare“, die in Alter und Geschlecht möglichst ähnlich sind. Zusätzlich wurden Faktoren wie Bildung, selbstberichtete Krankheiten und soziale Einbettung bei der Auswertung berücksichtigt. Die Vergleichspaare waren zwischen 23 Jahre und 75 Jahre alt.

Publikation

Autoren: Drewelies, J., Agrigoroaei, S., Lachman, M. E., & Gerstorf, D. (in press). "Age variations in cohort differences in the United States: Older adults report fewer constraints nowadays than those 18 years ago, but mastery beliefs are diminished among younger adults".

Veröffentlichung

28. Juni 2018 in Developmental Psychology

Kontakt

Dr. Johanna Drewelies
Institut für Psychologie
Humboldt-Universität zu Berlin (HU)

Tel.: 030 2093-4917
johanna.drewelies@hu-berlin.de