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Es gibt nicht nur die Professur

Kolumne des HU-Präsidenten Jan-Hendrik Olbertz

Portrait von HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz
HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz
Foto: Matthias Heyde

Welche Karriereoptionen können die Universität beziehungsweise das Wissenschaftssystem jungen Akademikerinnen und Akademikern bieten? Immer mehr von ihnen promovieren, während sich die Zahl der in den nächsten Jahren freiwerdenden Professuren in Grenzen hält. Wenngleich der Nukleus der akademischen Nachwuchsausbildung auf der Forschung liegt, so muss künftig mehr Augenmerk auch auf Belange der Lehr- und Studienorganisation, der Verwaltung und des Wissenschaftsmanagements gelegt werden. Entsprechende Aufgabenfelder an der Universität verlangen zusätzliche Stellen, aber auch ein klares konzeptionelles Profil, das die Perspektiven für den Nachwuchs sichtbar und attraktiv macht.

In Bezug auf Studium und Lehre sind z. B. vielfältige Aufgaben der Vorlesungsplanung und Prüfungsorganisation, der Studierendenberatung oder Praktikumsbetreuung zu erfüllen. Aber auch die Forschung würde nicht funktionieren, gäbe es nicht wissenschaftlich qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um Service, Planung und Organisation in der Wissenschaft oder um die Bewirtschaftung von Drittmitteln kümmern.

Gerade die Koordination großer Forschungsnetzwerke, die Strategieentwicklung oder das Qualitätsmanagement an einer Universität verlangen eigens qualifiziertes Personal, das wissenschaftliche Herangehensweisen beherrscht und selbst über Forschungserfahrungen verfügt. Dasselbe gilt für die Entwicklung und Pflege der internationalen Beziehungen, für die Organisation der Gremienarbeit, Kongress- und Tagungsorganisation oder die Betreuung universitärer Sammlungen. Daneben sind Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit gefragt, Alumni wollen mit ihrer alma mater in Kontakt bleiben, Fundraising ist zu betreiben. Auch mit Blick auf den Service für Studierende wachsen die Anforderungen, sei es im Studierendensport, der Fremdsprachenausbildung oder in Bezug auf kulturelle beziehungsweise soziale Angebote, die von einer zunehmend heterogenen Studierendenschaft nachgefragt werden. Nicht zuletzt sind hier die Anstrengungen der Universität für Geschlechtergleichstellung und Familienförderung zu nennen.

Die Vielfalt all dieser Entwicklungs-, Organisations- und Serviceaufgaben gehört zu den Voraussetzungen erfolgreicher Forschung, Lehre und Selbstverwaltung. Fast immer handelt es sich dabei um Daueraufgaben. Dies verlangt eine Aufwertung der entsprechenden Positionen und vor allem spezielle Fortbildungsangebote für neue Karrierepfade an der Universität.

Deutschlandweit sind inzwischen Netzwerke entstanden, in denen sich z. B. die Beauftragten für Internationalisierung, die Koordinatorinnen und Koordinatoren von Forschungsverbünden oder Expertinnen und Experten für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit austauschen können. Dabei gibt es, wie z. B. an der Humboldt-Universität, erste Ansätze, auch internationale Partnerschaften einzubeziehen, etwa im Rahmen von „Staff mobility“-Programmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Mit ihrer Hilfe können sie internationale Erfahrungen sammeln, ihre Sprachkenntnisse auffrischen und neue Kontakte knüpfen.

Für die Universität kommt es darauf an, ihren Absolventinnen und Absolventen im beschriebenen Sinn Möglichkeiten einer dauerhaften Beschäftigung im Wissenschaftssystem selbst – auch jenseits der Professur – zu bieten und das Interesse des wissenschaftlichen Nachwuchses daran zu wecken. So sollten neben der Schaffung entsprechender Stellen auch Beratungsangebote entwickelt werden, die sich auf ein Personalkonzept stützen, mit dessen Hilfe solche Perspektiven an der Universität aufgezeigt und individuell vereinbart werden können. Auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass die Universität den jungen Menschen, die sie wissenschaftlich ausbildet, auch Erwerbssicherheit und Aufstiegschancen bietet.

Weitere Informationen

Die Kolumne "Es gibt nicht nur die Professur" von HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz ist am 26. August 2015 auf der HU-Sonderseite in der Berliner Zeitung erschienen.