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Kanon und Zensur in der islamischen Ideen- und Theologiegeschichte

Neues Projekt am Berliner Institut für Islamische Theologie (BIT)

In der auf ein Jahr angelegten Projektwerkstatt werden erstmalig Prozesse der Kanonbildung und -forschung in der islamischen Theologie betrachtet. Projektverantwortlich sind Prof. Dr. Mohammad Gharaibeh von der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Amir Dziri von der Universität Fribourg/Schweiz und Bacem Dziri von der Goethe-Universität Frankfurt/Main (GU)/Universität Osnabrück. Die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der GU in Frankfurt hatte die Projektwerkstatt ausgeschrieben.

In allen Wissenschaftstraditionen und ganz besonders in den theologischen Fächern stellt sich die Frage: „Wer bestimmt, was gelehrt wird?“ und „Auf welche Weise setzen sich bestimmte Texte durch, während andere ausgesondert werden oder gar in Vergessenheit geraten?“. Die Projektwerkstatt befasst sich innerhalb der islamischen Theologie mit diesen Fragen in der Geschichte und Gegenwart. Die Kanonbildung in den christlichen Theologien gilt als gut erforscht. Doch auch innerhalb der islamischen Tradition, die stets eine Vielfalt an Stimmen zu theologischen Fragen kannte und auch zuließ, sind Prozesse zu erkennen, die zu einer Kanonbildung oder zum Ausschluss bestimmter Lehrmeinungen führten.

Prof. Gharaibeh vom BIT fasst das Vorhaben so zusammen: „Wir wollen uns in der Projektwerkstatt zunächst einmal anschauen, wie die Kanonforschung auf die islamische Theologie übertragen werden kann. Sprich, was bedeutet eigentlich das Reden von Kanon und Zensur im Kontext der islamischen Ideen- und Theologiegeschichte? Denn bis jetzt sind diese Konzepte und Ideen wenig aufgegriffen worden und auch in der Islamwissenschaft existieren hierzu nur vereinzelt Studien. In einem zweiten Schritt wollen wir uns damit beschäftigen, wie Kanonisierungs- und Zensurprozesse in der islamischen Ideen- und Theologiegeschichte stattgefunden haben.“

Um Fallstudien zu erstellen, die Licht in diese Fragen bringen sollen, wurde von der AIWG eine Stelle für eine Wissenschaftlerin geschaffen, die am BIT angesiedelt ist. Am Ende der Projektzeit im Herbst 2021 wird eine internationale Tagung stattfinden, auf der die Ergebnisse vorgetragen und mit anderen Forscher*innen auf diesem Feld diskutiert werden. Die Konferenzpublikation soll einen Grundstein für weitere wissenschaftliche Arbeiten zum Gebiet der Kanonbildung in der islamischen Theologie legen.

Das Berliner Institut für Islamische Theologie (BIT)

Das BIT nahm im WiSe 2019/20 den Studienbetrieb an der Humboldt-Universität zu Berlin auf. Die aktuelle Zahl der Studierenden liegt bei 147. Zum BIT gehören folgende Lehrstühle:

  • Islamische Textwissenschaften (Koran und Hadith):
    WiSe 2020/21 Vertretung durch Gast
  • Islamische Religionspädagogik und Praktische Theologie:
    neu ab WiSe 2020/21: Prof. Dr. Tuba Isik
  • Islamisches Recht in Geschichte und Gegenwart:
    Prof. Dr. Serdar Kurnaz
  • Islamische Glaubensgrundlagen, Philosophie und Ethik:
    Prof. Dr. Mira Sievers
  • Islamische Ideengeschichte der postklassischen Periode (1200–1800): Prof. Dr. Mohammad
    Gharaibeh
  • Vergleichende Theologie in islamischer Perspektive:
    WiSe 2020/21 Vertretung durch Gast

Weitere Informationen

Projektseite BIT: Forschungsprojekte am Lehrstuhl Ideengeschichte — Berliner Institut für Islamische Theologie

Interview mit der AIWG: „Wir wollen die Kanonforschung auf die islamische Theologie übertragen“ – AIWG – Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft

Kontakt

Dr. Sara Binay
Referentin 
Berliner Institut für Islamische Theologie (BIT)

sara.binay@hu-berlin.de