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Arbeitsweise des Proteins Channelrhodopsin-2 entschlüsselt

Forscherinnen und Forscher verfolgen das Öffnen des Ionenkanals mit biophysikalischen Methoden: Die Ergebnisse erlauben Maßanfertigung optogenetischer Werkzeuge

Mit hoher räumlicher und zeitlicher Präzision haben Forscher die Arbeitsweise des lichtgesteuerten Ionenkanals Channelrhodopsin-2 aufgeklärt. Dieses Biomolekül kommt in der Optogenetik zum Einsatz, welche es erlaubt, die Aktivität von lebenden Zellen mit Licht zu steuern. Bochumer Wissenschaftler um Klaus Gerwert berichten gemeinsam mit Kollegen der Humboldt-Universität (HU) um Peter Hegemann und der Charité um Franz Bartl in der Zeitschrift „Angewandte Chemie “ über ein Modell der Channelrhodopsin-Aktivierung, das in Zukunft erlauben wird, diese Proteine maßgeschneidert zu modifizieren.

Das von Peter Hegemann (HU) in Grünalgen entdeckte Channelrhodopsin-2 ist das zentrale lichtaktivierbare Kanalprotein in der Optogenetik. Stattet man zum Beispiel Nervenzellen mit diesem Ionenkanal aus, kann man die Kanäle durch Lichteinstrahlung öffnen und die Zellen so aktivieren. Die Zeitschrift „Nature Methods“ zeichnete das Verfahren 2010 als „Methode des Jahres“ aus. „Allerdings fehlte bislang die Kenntnis darüber, was im Protein tatsächlich passiert und letztlich zu dessen Aktivierung führt“, sagt Klaus Gerwert vom Lehrstuhl für Biophysik an der Ruhr-Universität. Aber gerade das Verständnis der Vorgänge auf atomarer Ebene ist essenziell, um das Protein für seine Anwendung gezielt zu optimieren.

Mit zeitaufgelöster Vibrationsspektroskopie und biomolekularen Simulationen schloss das Bochumer-Berliner Team nun diese Wissenslücke. Das EHT (E90-Helix2-tilt)-Modell beschreibt die Arbeitsweise von Channelrhodopsin-2 wie folgt: Die lichtempfindliche Gruppe des Proteins, das Retinal, wird bei Lichteinfall verdrillt. Diese Verdrillung setzt sich dann im Protein fort und öffnet extrem schnell eine Pore, die im Dunkeln von der Aminosäure E90 verschlossen wird. E90 markiert die engste Stelle der Pore und öffnet diese durch Herausklappen, ähnlich der Bewegung einer Schwingtür, so dass Wasser in ein leeres Vestibül oberhalb der engsten Stelle der Pore eindringen kann. Das eindringende Wasser kippt dann die Proteinhelix H2. Das führt dazu, dass sich ein Protein durchspannender, offener Ionenkanal ausbildet.

Durch Mutation der Aminosäure E90 lassen sich die Eigenschaften des Proteins gezielt beeinflussen. Die Leitfähigkeit oder die Selektivität für gewisse Ionen kann so auf bestimmte Anwendungen maßgeschneidert und das Protein gezielt mit verschiedenen Wellenlängen aktiviert werden.

Originalveröffentlichung

J. Kuhne, K. Eisenhauer, E. Ritter, P. Hegemann, K. Gerwert, F. Bartl (2014): Early Formation of the Ion-Conducting Pore in Channelrhodopsin-2, Angewandte Chemie International Edition, DOI: 10.1002/anie.201410180

Kontakt

Prof. Dr. Peter Hegemann
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Biologie

Tel: 030 2093-8681
hegemape@rz.hu-berlin.de