Zuhören und mitdenken – der Hörtipp
Die Musikethnologinnen Sydney Hutchinson und Hannah Judd berichten in ihrem Podcast von archivierten Klängen und wie sie mit experimentellen Methoden erforscht werden. Hörer*innen lernen DDR-Tanzmusik der 50er- und 60er-Jahre kennen oder erfahren, wie historische Gesänge der Naga, einer Ethnie aus dem Nordosten Indiens, künstlerisch neu inszeniert und so zum Leben erweckt werden. In der aktuellen Folge können sie den Orion entdecken - einen Modetanz, der in der DDR als politisch korrekte Alternative zu westlichen Trends wie Rock und Twist erfunden wurde.
Womit beschäftigt sich der Podcast?
Der Podcast berichtet von experimentellen Forschungen in verschiedenen Klangarchiven, insbesondere in Berlin, beispielsweise im Phonogramm-Archiv des Ethnologischen Museums. Schwerpunkte des Podcasts „Playing the Archive“ sind Musik und Tänze der DDR sowie koloniale Geschichten.
Wer ist die Zielgruppe?
Der englischsprachige Podcast richtet sich an Musik- und Medienwissenschaftler*innen, Künstler*innen und Musiker*innen und darüber hinaus einfach an alle, die sich für Klangarchive, Musikethnologie und für eine besondere Perspektiv auf die deutsch-deutsche Geschichte interessieren.
Wer sind die Macher*innen?
Der Podcast wird als Teil des Projekts „Second World Music: Latin America, East Germany, and the Sonic Circuitry of Socialism“ produziert. Projektleiterin ist Dr. Sydney Hutchinson, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der HU. Der Podcast wird von der Abteilung Medien des Ethnologischen Museums in Berlin unterstützt, wo Hutchinson eine Sammlung von DDR-Tonbändern erforscht.
Worum geht es in der aktuellen Folge?
Die neueste Folge erzählt die Geschichte des Orion, eines Modetanzes, der 1963 in der DDR erfunden wurde und der seine Premiere bei den Arbeiterfestspielen im gleichen Jahr hatte. Solche „neuen Tänze“ wurden in der DDR als Alternative zu westlichen Trends wie Rock und Twist konzipiert und sollten der Jugend eine sozialistische Perspektive bieten, die Werte wie Optimismus und Fortschrittlichkeit betont. Außerdem sollten die Tänze für alle tanzbar sein und Spaß machen. Sydney Hutchinson hat einige dieser meist vergessenen DDR-Tänze im Rahmen ihres Forschungsprojekts rekonstruiert und in Videos auf Tiktok und Youtube inszeniert.
Wer moderiert den Podcast? Wer sind die Gäste?
Die Moderatorinnen sind Sydney Hutchinson von der HU und Hannah Judd, Doktorandin an der University of Chicago. Zu Gast sind Wissenschaftler*innen und Künstler*innen, die, wie Hutchinson auch, mit experimentellen Methoden in Klangarchiven forschen. Gäste früherer Folgen waren unter anderem Dr. Senti Toy, Musikethnologin und Musikerin aus New York und Nagaland, Indien, sowie Dr. Gina Knapp, visuelle Anthropologin am Ethnologischen Museum Berlin.
Wie geht es weiter?
In den nächsten Folgen wird es um die kollaborative Arbeit an einer Telenovela in Papua-Neuguinea gehen, um Forschung zu klassischen Klangarchiven und zum Internet als Archiv. Außerdem ist ein Hörspiel geplant, in dem Synchronsprecher*innen die Rollen von DDR-Musikwissenschaftler*innen und Künstler*innen übernehmen. Das Drehbuch wurde fast eins zu eins aus Protokollen der 60er Jahre zusammengestellt. Im Laufe des Jahres werden dann Praktikant*innen mitarbeiten und dem Podcast ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken.
Weitere Informationen
Playing the Archive – A Second World Music Podcast
Aktuelle Folge: Orion, Orion, Oh My!