Roboterratten ertasten den Weg in die Zukunft
Roboter mit hochentwichelter Tasttechnologie zu entwickeln, die
beispielsweise wie eine Ratte ihre Umgebung mit "Tasthaaren" erkunden,
ist das Ziel des neuen EU-Projekts "BIOTACT", an dem Wissenschaftler
des Bernstein Zentrums für Computational Neuroscience (BCCN) und der
Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt sind. Neun Arbeitsgruppen aus
sieben Ländern bringt das mit 7,3 Millionen Euro geförderte Projekt
zusammen, um wissenschaftliche Erkenntnisse über den Tastsinn von
Tieren auf künstliche Systeme zu übertragen. In Zukunft könnte diese
Technologie Rettungsrobotern oder Minensuchmaschinen ermöglichen, auch
bei Dunkelheit durch unwegsames Gelände zu navigieren und Objekte zu
ertasten.
Während der Sehsinn Informationen über weiter entfernte Objekte
liefert, ist der Tastsinn für die Erkundung naheliegender Objekte
unersetzlich. Vor allem nachtaktive Tiere verlassen sich weit stärker
auf diesen physischen Sinn als auf ihre Augen. Ratten oder Spitzmäuse
bewegen ihre Tasthaare in schnellen Bewegungen kontrolliert vor und
zurück und ertasten damit ihre Umgebung. Sie erkennen Objekte,
bestimmen ihre Form und Oberfläche und verfolgen ihre Beute. Dennoch
wurde bisher in der Entwicklung intelligenter, lebensähnlicher
Maschinen der Tastsinn noch wenig beachtet.
Das Forschungsteam am BCCN Berlin wird von Michael Brecht geleitet,
Professor am BCCN und der Humboldt-Universität. Die Wissenschaftler
werden sich im Rahmen des Projektes vor allem mit der
Etrusker-Spitzmaus befassen. Diese Spitzmaus – das kleinste bekannte
Säugetier – jagt Beute von beinahe der eigenen Körpergröße und muss
dabei sehr schnell und präzise angreifen. Dabei verlässt sich das Tier
auf seinen Tastsinn. "Die sensomotorischen Leistungen der
Etrusker-Spitzmaus sind erstaunlich. Durch moderne Mikroskopietechniken
erwarten wir uns neue Erkenntnisse über ihre Hirnfunktion", sagte
Brecht.
BIOTACT wir von Prof. Tony Prescott von der Universität Sheffield
koordiniert. Basierend auf dem Tastsinn verschiedener Tierarten wird
sein Forschungsteam zwei Roboter konstruieren, die mit einem ähnlichen
physischen Sinnessystem ausgestattet sind. Darunter ist ein Roboter mit
Tasthaaren, der bewegte Objekte ausfindig machen, identifizieren und
verfolgen kann. "Unser Projekt wird einen Meilenstein im Verständnis
des aktiven Tastsinns und der Verwendung von tasthaarartigen Sensoren
in intelligenten Maschinen setzen. Indem wir von der Natur lernen und
Technologien entwickeln, die diesen physischen Sinn verwenden, werden
unsere Wissenschaftler die Fähigkeiten zukünftiger Maschinen enorm
verbessern", sagte Prescott.
Weitere Informationen:
Weitere Informationen zu BIOTACT (BIOmimetic Technology for vibrissal
ACtive Touch) finden Sie unter: www.biotact.org
Das Projekt wird im Rahmen des Themenbereichs "Information Systems
Technologies" des Programms "Future Emerging Technologies" (FET) von
der Europäischen Union gefördert. Siehe www.cordis.europa.eu/ist/fet/
Die Projektpartner sind: Tony Prescott, Dept. of Psychology, University
of Sheffield, UK (Coordinator); Ehud Ahissar, Weizmann Institute,
Israel; Wulfram Gerstner, EPFL, Switzerland; Mathew Diamond,
International School of Advanced Studies, Trieste, Italy; Tony
Pipe/Chris Melhuish, Bristol Robotics Lab, UK; Michael Brecht, Berlin
Bernstein Centre for Computational Neuroscience, Germany; David Golomb,
Ben Gurion University, Israel; Patrick Pirim, Brain Vision Systems,
Paris, France; Mitra Hartmann, Northwestern University, Chicago, USA.
Kontakt:
Prof. Michael Brecht
Bernstein Center for Computational Neuroscience
Humboldt-Universität zu Berlin
Email: michael.brecht@bccn-berlin.de
Tel.: (030) 2093 6770
Homepage BCCN: www.bccn-berlin.de
Homepage Brecht: www.activetouch.de
Christine Schniedermann
Tel.: +49 (0)30/2093-2090
Fax: +49 (0)30/2093-2447
E-Mail: christine.schniedermann@uv.hu-berlin.de
URL: www.hu-berlin.de