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Schwarmschlau auf dem Bahnsteig

Wie eine unverständliche Bahnhofsansage durch Teamleistung verständlich wird

Sie stehen am Bahnsteig und verstehen bei einer Durchsage nur Bahnhof? Die Menschen in der Umgebung sind zu laut, das Lautsprechersystem knackt und rauscht, die Nachrichten sind unverständlich. Schwarmforscher von der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät (LGF) der Humboldt-Universität (HU) und vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben für diese Situation einen Tipp parat: Hören Sie auf die Gruppe.

In einem Experiment spielte das Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Jens Krause mit dem Forschungsschwerpunkt Schwarmintelligenz jeweils einzelnen Personen und einer Gruppe von acht Leuten Ansagen vor, wie sie typischerweise an Bahnhöfen oder Flughäfen zu hören sind. Die Wissenschaftler bauten Nebengeräusche ein, um die Nachricht schwerer verständlich zu machen. Anschließend stellten sie den Probanden die Aufgabe, die Information möglichst wortgenau wiederzugeben.

Das Ergebnis: Die rekonstruierten Sätze der Gruppen waren sehr viel akkurater als die der Individuen. Das Achter-Team bewältigte die Aufgabe immer besser als das beste Individuum. Der Erstautor der in PLoS ONE veröffentlichten Studie, Romain Clément, sagt dazu: „Unser Ziel war es, eine realistische Situation nachzustellen, welche die Menschen in ihrem Alltag erleben. Es war sehr spannend zu sehen, dass durch das Kombinieren der einzelnen Satzfetzen die Gruppe eine bessere Leistung erreicht als das beste Individuum.“ Es lohnt also auch für sehr gute Zuhörer, sich einer Gruppe anzuschließen.

Jens Krause ist Professor für Fischökologie an der HU und Leiter der Abteilung Biologie und Ökologie der Fische am IGB. Er untersucht Kollektives Verhalten und Selbstorganisation bei Tier- und Menschengruppen. Dabei interessieren ihn die Mechanismen und Funktionen des Gruppenlebens: „Es gibt Vor- und Nachteile, sich als Individuum einer Gemeinschaft anzuschließen. Anhand von Experimenten und mathematischen Modellen erforschen wir Entscheidungsprozesse in sozialen Systemen. Viele der Mechanismen, die wir bei Tieren sehen, können wir in ähnlicher Weise bei Menschen beobachten und modellieren, auch wenn die Mittel der Kommunikation sich unterscheiden.“

Publikation

Collective Cognition in Humans: Groups outperform their best members in a sentence reconstruction task. Clément RJG, Krause S, von Engelhardt N, Faria JJ, Krause J, et.al. PLoS ONE 8 (10): e 77943.doi:10.1371/journal.pone.0077943

Kontakt

Prof. Dr. Jens Krause
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und
Humboldt-Universität zu Berlin

Tel.: 030 64181610
j.krause@igb-berlin.de

Susanne Cholodnicki
Pressereferentin
Humboldt-Universität zu Berlin

Tel.: 030 2093-2332
susanne.cholodnicki.1@hu-berlin.de