10 Jahre Tieranatomisches Theater
Knapp 220 Jahre nachdem die Veterinäre hier die ersten Vorlesungen hielten und Johann Gottfried Schadow auf dem Campus seine Skizzen für die Pferde der Quadriga auf dem Brandenburger Tor anfertigte, eröffnete im September 2013 das Tieranatomischen Theater (TA T) der Humboldt-Universität mit „HUMANIMAL. Mythos und Realität“ die ersten (und studentische) Ausstellung des Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik.
Als Ausstellungsraum und Bühne für experimentelle Darstellungsformen und Labor für kuratorische Praktiken vernetzt das TA T nun seit 10 Jahren universitäre Forschung und Lehre mit internationalen Positionen aus Künsten und gesellschaftlichen Initiativen.
Im Jubiläumsjahr 2023 konnte das Tieranatomische Theater nicht nur mit einer Vielzahl von Ausstellungen glänzen, sondern auch mit den höchsten bislang erzielten Besuchszahlen.
Ausstellung MAREJESHO
The Call for Restitution from the Peoples of Kilimanjaro and Meru
Eröffnung: 12. Oktober um 18 Uhr
Ausstellungsdauer: 13. Oktober 2023 bis Juni 2024

Ausstellung MAREJESHO in Tansania. Foto: Konradin Kunze
Am Kilimanjaro und Meru in Tansania ist die Erinnerung an den Widerstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft noch lebendig. Doch viele Zeugen und Zeugnisse dieser gewaltvollen Zeit werden vermisst: sie lagern in den Depots deutscher Museen. Im Jahr 1900 ließen Kolonialoffiziere Anführer der lokalen Communities öffentlich erhängen und schickten Teile ihrer Körper für rassistische Forschung ans Berliner Völkerkundemuseum. Auch persönliche Gegenstände gelangten auf diese Weise nach Deutschland: Insignien der Macht, Waffen und Schmuck.
Seit mehr als 50 Jahren fordern Angehörige die Rückkehr ihrer verschleppten Vorfahren. Doch wie können sie diese ausfindig machen? Was bedeuten die vor einem Jahrhundert geraubten Kulturgüter heute für sie? Welche Schritte erwarten die Nachfahren von Deutschland?
2022 reiste MAREJESHO (Swahili für Rückkehr, Restitution) als mobile Recherche-Ausstellung in sechs Dörfer am Kilimanjaro und Meru, um Wissen auszutauschen und die Lücke zwischen deutschen Museen und den Communities zu schließen. Die Ausstellung zeigte Bilder von aus der Region entwendeten Kulturgütern sowie historische Fotos und informierte über Sammlungen von Ancestral Remains (menschlichen Gebeinen). Tansanische Künstler:innen begleiteten MAREJESHO mit Live-Zeichnungen, Filmschaffende dokumentierten mündliche Überlieferungen aus den Dörfern. Durch das Projekt konnten schließlich die Gebeine einiger vermisster Ahnen in Berlin und New York identifiziert werden.
Im Tieranatomischen Theater stellt MAREJESHO das Wissen, die Fragen und die Erwartungen der Communities am Kilimanjaro und Meru in den Mittelpunkt. Die in Tansania entstandenen Filme und Kunstwerke zeigen die Notwendigkeit von Repatriierung und Restitution, aber auch den Reichtum mündlicher Überlieferungen und die Komplexität (post-)kolonialer Beziehungen damals wie heute.