Wertvolle geographische Werke für die Humboldt-Universität
Am 15. Oktober fand im Hertford College die feierliche Übergabe eines wertvollen großformatigen Bandes aus dem 16. Jahrhundert statt. Er beinhaltet zwei herausragende geographische Werke der Zeit, den Atlas Theatrum oder schawplatz des erdbodems (1573) von Abraham Ortelius und die Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt (1574) von Georg Braun und Frans Hogenberg. Der Band gehört der HU und wurde seit dem Zweiten Weltkrieg vermisst.
Abbildung: Principal and Fellows of Hertford College, Oxford
Detail aus der Deutschlandkarte des Ortelius-Atlanten
Das Werk von Ortelius gilt als erster Weltatlas und war im späten 16. Jahrhundert äußerst populär. Es zeigt Länder der Neuen und alten Welt in Übersichtskarten, außerdem sind viele Einzelkarten der damaligen Territorien West- und Mitteleuropas enthalten, illustriert mit liebevollen Details. In der zurückgekehrten Ausgabe werden die Karten mit knappen Begleittexten in deutscher Sprache kommentiert. „Ortelius Verdienst ist es, dass er das zu jener Zeit existierende geographische Wissen in einem Band gesammelt und verbreitet hat“, sagt Yong-Mi Rauch, Leiterin der historischen Sammlungen in der Zentralen Universitätsbibliothek der HU. „So konnte sich der damalige Leser ein Bild von der Welt machen.“ Zu jener Zeit wurden Karten in Europa als Kupferstich gedruckt, die anschließend handkoloriert wurden. Ortelius war außerdem ein Meister der Vermarktung. Seine Sammlung erschien in über vier Jahrzehnten; 40 Ausgaben in sieben Sprachen wie Latein, Französisch, Niederländisch oder Spanisch wurden gedruckt.
Georg Braun wurde in der Beschreibung und Contrafactur der vornembster Stät der Welt von Ortelius‘ Gestaltung mit großformatigen Abbildungen und kurzen Begleittexten angeregt. Die Stadtansichten von europäischen Städten wie Prag, Amsterdam, Paris und Florenz, aber auch darüber hinaus Kalkutta, Aden oder Mexiko-Stadt sind mit großer Detailfreude gestaltet, etwa mit Figuren in lokaler Tracht im Bildvordergrund.
Der Band, in dem beide Werke enthalten sind, stammt ursprünglich aus dem Bestand des Geographischen Instituts der HU und galt nach dem Zweiten Weltkrieg als vermisst. Auf ungeklärtem Weg gelangte er in die Bibliothek des Hertford College. Die Restitution stellt eine Geste dar, um der friedlichen und grenzüberwindenden Zusammenarbeit von Kultur und Wissenschaft 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zu gedenken.
Begleitend zur Übergabe haben beide Institutionen in Zusammenarbeit mit der Bodleian Library den Band digitalisiert, so dass das Werk nun weltweit betrachtet werden kann. Der Band selbst ist an seinen angestammten Ort in Berlin zurückgekehrt und hat seinen Platz in der Rara-Sammlung der Universitätsbibliothek gefunden.
Weitere Informationen
Kontakt
Dr. Yong-Mi Rauch
Humboldt-Universität zu Berlin
Leiterin der Historischen Sammlungen
Tel.: 030 2093-99280
yong-mi.rauch@ub.hu-berlin.de