Die Klimakrise – kein rein naturwissenschaftliches Phänomen oder Gender und Macht in der Klimakrise
Der Klimawandel hat längst unsere Breiten erreicht. Wetterextreme sind keine Erscheinungen entlegener Weltregionen mehr, sie sind inmitten der globalen Zentren angekommen. Klima-Aktivismus ist die politische Mobilisierung der Stunde, Fridays for Future, Scientists for Future, Omas for Future – die Zukunft des Planeten steht für viele Menschen auf dem Spiel. Und die cool dudes, die coolen Kerle, die Klimaleugner finden alle möglichen Gründe für die Klimakrise, nur nicht die menschliche Spezies. Der Weltklimarat aber hat jüngst in seinem sechsten Sachstandsbericht erneut auf die drastischen Schäden und Risiken der Klimakrise und auf die erhöhte Dringlichkeit für klimapolitisches Handeln hingewiesen.
Die vom 4. bis 6. Mai 2023 stattfindende Tagung „Gesellschaftliche Naturverhältnisse und globale Umweltkrise“ am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin widmet sich dem Thema aus einer geschlechterpolitischen und dekolonialen Sicht. Während der lokale Klima-Aktivismus überall auf der Welt weibliche Gesichter zeigt, verhandeln bei den globalen Klimagipfeln männliche Eliten. Natur und Umwelt - und wie Industriegesellschaften mit ihnen umgehen - werden geprägt von anthropo- und androzentrischen Logiken. Als männlich und westlich identifizierte Werte und Normen wie die Kontrolle und Beherrschung der Natur bestimmen nach wie vor technokratische Problemdefinitionen. Vor Gerichten werden Klimaklagen geführt, für die Natur werden eigenständige Rechte eingefordert, der Subjektstatus der Natur wird dem Subjektstatus des Menschen gegenübergestellt. Damit geraten historische Hierarchien ins Wanken, die mit der symbolischen und materiellen Geschlechterhierarchie eng verwoben sind.
Namhafte Wissenschaftler*innen wie Dorceta Taylor, Professorin für Umweltgerechtigkeit an der Yale University, Seema Arora-Jonsson, Professorin an der Schwedischen Agraruniversität in Uppsala, und die Professorin für Umweltrecht Sumudu Atapattu von der University of Wisconsin werden zu politischen, rechtlichen und sozialen Aspekten des gesellschaftlichen Verhältnisses zu Natur und Umwelt referieren.
Das Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterforschung der Humboldt-Universität blickt auf eine lange Tradition fächerübergreifender Zusammenarbeit zurück und konnte für diese Tagung Expert*innen aus allen Teilen der Welt gewinnen. Die mehr als 50 Referent*innen , von denen viele aus Ländern des globalen Südens anreisen werden, analysieren die Klimakrise aus verschiedenen Differenzperspektiven in ihrer Verschränkung mit der Geschlechterordnung.
Die Tagung findet nach der langen Zeit von Online-Veranstaltungen in Präsenz statt, um erneut die Qualität von Begegnungen und persönlichem Austausch zu ermöglichen. Sie wird von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe vorbereitet, in der die Wissenschaftler*innen Christine Bauhardt, Meike Brückner, Suse Brettin, Sandra Jasper, Gabriele Jähnert und Ida Westphal, alle HU Berlin, mitarbeiten.
Im Anschluss an die Tagung wird im Routledge Verlag ein Sammelband mit den zentralen Ergebnissen der Veranstaltung erscheinen.
Weitere Informationen
Kontakt
Prof. Christine Bauhardt
christine.bauhardt@gender.hu-berlin.de
Prof. Sandra Jasper
sandra.jasper@geo.hu-berlin.de
ZtG-Sekretariat: 030-2093-46200