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Dem Schicksal ausgeliefert wohnen?

Studie: In Wohngebieten mit erhöhter Arbeitslosigkeit oder dort, wo es Fluglärm gibt, haben ältere Menschen weniger das Gefühl, Kontrolle über ihr eigenes Leben zu haben.

Ältere Menschen, die dort leben, wo es viele Arbeitslose gibt, haben häufiger das Gefühl, dem Schicksal ausgeliefert zu sein, als andere. Auch objektive Merkmale der Wohngegend wie Nähe zu einem Krankenhaus oder Fluglärm hängen mit dem subjektiven Gefühl zusammen, Kontrolle über das eigene Leben zu haben. 

Das zeigt zum ersten Mal eine gemeinsame Studie mehrerer Forschungseinrichtungen, darunter das Max-Planck-Institut für demografische Forschung Rostock (MPIDR) und die Humboldt Universität Berlin. Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift Gerontology veröffentlicht. 

„Es lohnt sich dort einen Verein oder ein Café aufzubauen"

Die Forschenden nutzten Umfragedaten von 507 über 60-jährigen Berlinerinnen und Berlinern, die im Rahmen der ,,Berliner Altersstudie II" befragt wurden. Die Wissenschaftler*innen kombinierten die Angaben der Umfrageteilnehmenden darüber, wie stark sie Kontrolle über das eigene Leben spüren mit georeferenzierten Daten über Eigenschaften ihres Wohngebiets. Anschließend kontrollierten sie für eine große Bandbreite von Variablen, die Einfluss auf die Selbstauskunft haben können, wie etwa dem Gesundheitszustand oder dem sozialen und ökonomischen Status. 

In ihrem statistischen Modell erklärten dann die Merkmale der Wohngegend Unterschiede im Kontrollempfinden zwischen den Teilnehmenden teilweise genauso gut wie demografische Angaben zu Alter und Geschlecht. 

„Wir folgern daraus, dass neben kognitiven, physischen und psychosozialen Faktoren die Umstände in der Wohngegend Schlüsselfaktoren sind für das Gefühl, Kontrolle über sein eigenes Leben zu spüren“, sagt Peter Eibich. Der stellvertretende Gruppenleiter am MPIDR ergänzt: „In Wohngebieten mit erhöhter Arbeitslosigkeit oder dort, wo es Fluglärm gibt, lohnt es sich, soziales Kapital, wie einen Verein oder ein Nachbarschaftscafé, aufzubauen." Das könne den älteren Menschen dort wieder stärker ein Gefühl von Kontrolle über das eigene Leben geben.

Originalpublikation 

Drewelies, J.*, Eibich, P.*, Duezel, S., Kühn, S., Krekel, C., Goebel, J., Kolbe, J., Demuth, J., Lindenberger, U., Wagner, G.G., & Gerstorf, D.: Location, Location, Location: The Role of Objective Neighborhood Characteristics for Perceptions of Control. Gerontology. (2021) DOI: 10.1159/000515634

(*Erstautorenschaft geteilt) 

Zur Studie

Weitere Informationen

Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung, Rostock 

Kontakte 

Dr. Johanna Drewelies
Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin

johanna.drewelies@hu-berlin.de

Prof. Dr. Denis Gerstorf
Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin

denis.gerstorf@hu-berlin.de