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Ein Schülerlabor für Geisteswissenschaften

Das HUmanities Lab der Humboldt-Universität zu Berlin

„Ich hätte nie gedacht, dass man auch ohne Technik so toll spielen kann“, so eine staunende 14-Jährige aus Berlin Tegel. Sie hat an ihrer Schule an einem „Spielen wie die alten Römer“ – Lehr- und Lernmodul teilgenommen. Gehüllt in Tuniken, wird mit Nüssen und Steinen gespielt – und nicht mit Computer oder Tablet.

Schülerlabor Geisteswissenschaften

Abbildung: Svenja Bertram

Lehramtsstudierende der Humboldt-Universität entwickelten das Modul für das HUmanities Lab – ein Schülerlabor für geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer, das von Prof. Dr. Stefan Kipf mitbegründet und von der Stiftung Humboldt-Universität gefördert wird.

Verzahnung von Theorie und Praxis

Nach dem Vorbild der naturwissenschaftlichen Schülerlabore wird Schülern der Klassen 7 bis 13 die Möglichkeit gegeben, die wichtigen Fragen der Geistes- und Sozialwissenschaften kennenzulernen. Experimentiert wird also nicht mit Mikroskopen oder Substanzen, sondern mit Worten und Texten. Dabei spielt es keine Rolle, wo die Schüler ihre Fragen stellen, denn die Module des HUmanities Lab kommen an die Schulen; die Schüler können aber auch die Humboldt-Universität besuchen. Dafür konzipieren Lehramtsstudierende eine ‚didaktische Miniatur‘ – eine zeitlich überschaubare Lerneinheit, die sich mit nur einem Aspekt des jeweiligen Faches beschäftigt. Im Falle der „Römer“ geht es neben dem Erwerb von Lateinkenntnissen – denn gespielt wird auf Latein – auch darum, sich durch das Anlegen der Toga in die römische Zeit und Gesellschaft hineinzuversetzen.

Schülerbildung im HUmanities Lab verbindet gleichzeitig Lehrerbildung und Didaktikforschung. Ziel des Schülerlabors ist es, dass Lehramtsstudierende möglichst frühzeitig ein Lernmodul entwickeln, mit dem sie Schüler motivieren, selbstständig und interaktiv an geistes- und sozialwissenschaftlichen Fragen zu arbeiten. Theorie und Praxis verzahnen sich, denn Studierende können gerade erworbenes Fach- und Methodenwissen anwenden. Gleichzeitig untersucht die Didaktikforschung wiederum die Effekte für das Lehramtsstudium.

Heilige Orte in Berlin entdecken

Derzeit gibt es neben dem „Römer“-Modul der Klassischen Philologie ein Modul zum Thema „Gerechter Krieg“, das Altphilologen und Philosophen gemeinsam konzipiert haben. Die Deutsche Literatur hat „Literarische Unterrichtsgespräche – auf der Suche nach dem Sinn des Lebens“ entwickelt, die Theologen steuern mit „Mythos und Wahrheit“ und „Wo ist mir heilig? – Heilige Orte in Berlin“ gleich zwei Module bei. An Letzterem arbeitet auch Ines Peglow. Die Lehramtsstudentin mit den Fächern Geschichte und Evangelische Theologie erzählt, dass die Schüler so sowohl religiöse Orte wie die Marienkirche als auch profane wie die Mercedes-Benz-Gallery aufsuchen. „Am Ende diskutierten wir darüber, ob es einen Unterschied zwischen religiösen und profanen heiligen Orten gibt oder nicht“.

Die Studentin konnte durch das Modul mehr Lehrerfahrung sammeln. „Ich wollte wissen, wo meine Stärken und Schwächen liegen“, berichtet Ines. „Auch war es positiv, bereits vor dem Unterrichtspraktikum, das erst zu einem späteren Zeitpunkt des Studiums absolviert wird, zu erfahren, was es heißt, Unterricht zu planen und durchzuführen“. Vor allem aber weiß die Studentin nun „zu hundert Prozent“, dass sie Lehrerin werden will.

Positive Resonanz

Doch das ist nicht der einzige Gewinn. „Innerhalb der universitären Lehre ist es eine schöne Erweiterung des Repertoires“, sagt Stefan Kipf. „Außerdem werden die Fachdidaktiken untereinander vernetzt.“ Im Oktober 2015 fand ein von Prof. Kipf organisiertes Treffen mit den geisteswissenschaftlichen Laboren aus Göttingen, Bochum und Potsdam mit dem Ziel statt, im April 2016 gemeinsam ein Netzwerk der geisteswissenschaftlichen Schülerlabore zu begründen. „Die Resonanz auf die erste Phase des HUmanities Labs war bei allen Schülern sehr, sehr positiv“, so Kipf, „und auch von den Schulen haben wir sehr gutes Feedback bekommen“.

Aber auch außerhalb der Universität hat das HUmanities Lab Interesse geweckt. Stefan Kipf hat weitere Kooperationspartner wie zum Bespiel die Berlin- Brandenburgische Akademie der Wissenschaften gewonnen, die ihrerseits bereits mit der Planung neuer Module beginnt.

Text: Karina Jung, Michael Thiele

Der Text ist erstmals in der HUMBOLDT November 2015 erschienen.

Weitere Informationen

Website der Stiftung Humboldt-Universität

Kontakt

HUmanities Lab
Humboldt-Universität zu Berlin

humanities.lab.pse@hu-berlin.de