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Mit Robert Gragger fing alles an

Die Hungarologie in Berlin feiert ihr 100-jähriges Bestehen mit einer internationalen Konferenz. Ein Blick zurück in die Gründungsjahre und auf den Fachbereich Ungarische Literatur und Kultur an der HU
Instutitsgründer Gragger in der alten Bibliothek

Institutsgründer Robert Gragger (links vorne) in der
alten Bibliothek. Abbildung: Berliner Gragger-Archiv

Die lange Geschichte der Hungarologie in Berlin ist untrennbar mit einem Namen verbunden: Robert Gragger. Der Wissenschaftler und Kulturdiplomat deutsch-ungarischer Abstimmung hatte sich schon als Student an der Universität in Budapest mit den Wechselwirkungen in der Weltliteratur befasst. Nach einem Studienaufenthalt in Berlin 1910 widmete er sich verstärkt den Beziehungen und typologischen Parallelitäten zwischen der deut­schen und ungarischen Kultur. So entstand an der Berliner Universität 1916 zunächst ein rein philologisch ausgerichtetes Seminar für Hungarologie, das nur ein Jahr später in den Rang eines Instituts gehoben wurde.

Es war der Beginn des Faches, mitten im ersten Weltkrieg. Und die Hungarologie wuchs schnell zu einem facettenreichen Forschungsfeld. Einbezogen wurden auch geschichtliche, rechtswissenschaftliche, volkswirtschaftliche, kunstgeschichtliche und volkskundliche Aspekte Ungarns. Seitdem ist viel geschehen, nicht nur Namen haben sich geändert – der Fachbereich heißt inzwischen Ungarische Literatur und Kultur, die Berliner Universität ist zur Humboldt-Universität zu Berlin (HU) geworden.

Die Gegenwart nach 100 Jahren

Zum 100-jährigen Bestehen findet am 18. und 19. November 2016 eine internationale Konferenz im Collegium Hungaricum auf der Dorotheenstraße statt. Forscherinnen und Forscher lassen dabei die Geschichte der Hungarologie Revue passieren und diskutieren neue Perspektiven für Gegenwart und Zukunft des Faches.

Wie sieht die Gegenwart des Faches an der HU aus, 100 Jahre nach den Anfängen durch Robert Gragger? Inzwischen ist der Fachbereich am Institut für Slawistik angesiedelt, seinen Sitz hat er im August-Boeck-Haus auf der Dorotheenstraße.

Im Jahr 2009 wurde Csongor Lőrincz zum Professor berufen und zugleich der Bachelor-Studiengang „Ungarische Literatur und Kultur“ eingeführt – zuvor war ein Magisterstudium des Faches möglich. Das Studium hat einen literatur- und kulturwissenschaftlichen Schwerpunkt, durch diese Perspektive werden historische und kulturelle Prägungen vermittelt. Darüber hinaus ist das Fachgebiet auch an den komparatistischen Masterstudiengängen „Kulturen Mittel- und Osteuropas“ und „Europäische Literaturen“ beteiligt.

Vernetzung mit Warschau, Wien, Prag und Budapest

Der Sprachunterricht spielt im Leben des Lehrstuhls eine wichtige Rolle. Die sprachwissenschaftlich fundierten Kurse bieten den Studierenden mit unterschiedlichem Sprachniveau die Möglichkeit, ihre Kompetenzen zu entwickeln. Um auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen zu haben, wurde das Angebot mit Kunst- und berufsorientierten Übersetzungskursen erweitert. Der Sprachunterricht war auch in der Geschichte des Fachbereichs stets von zentraler Bedeutung: Von 1968 bis 1997 wurden am Berliner Seminar für Hungarologie - und in ganz Deutschland nur hier - Übersetzer und Dolmetscher für Ungarisch ausgebildet.

Im Rahmen der Jubiläumsfeier wird in diesem Jahr ein Programm für Hungarologiestudierende der Universitäten Warschau, Wien, Prag und Budapest angeboten. Titel der Veranstaltung ist „Auf ungarischen Spuren in Berlin“, es gibt unter anderem thematische Stadtführungen und einen Filmabend für die internationalen Gäste. 2015 und im Frühjahr 2016 nahmen die Berliner Studenten an ähnlichen Programmen in Wien und Budapest teil.

Gragger-Archiv ist online verfügbar

ALTERNATIVTEXT

Ein Brief des Verwaltungsdirektors der
Friedrich-Wilhelms-Universität an Gragger im
März 1926. Abbildung: Gragger-Archiv

Noch heute ist Robert Gragger an der HU präsent. Zwar starb der Begründer der Hungarologie 1926 in Berlin (sein Ehrengrab befindet sich auf dem Friedhof in Dahlem), sein Nachlass wurde aber vollständig erschlossen und im Gragger-Archiv online verfügbar gemacht. Es enthält 444 Dokumente, deren Beschreibung auf Deutsch und Ungarisch verfügbar ist.

Sowohl die Erschließung des Gragger-Nachlasses als auch die Jubiläumskonferenz und die studentischen Workshops sind Aktivitäten, die vom strategischen Zentraleuropa-Netzwerk CENTRAL (Central European Network for Teaching and Research in Academic Liaison) gefördert werden. CENTRAL – 2014 auf Initiative der Humboldt-Universität zu Berlin gegründet und seit 2015 über eine Laufzeit von zunächst vier Jahren vom DAAD finanziert – ist ein Netzwerk der Humboldt-Universität zu Berlin mit den Universitäten Wien und Warschau, der Karls-Universität Prag und der ELTE Budapest. Das Netzwerk strebt an, universitätsübergreifende wissenschaftliche Projekte und Veranstaltungen voranzubringen, gemeinsame Studienprogramme zu etablieren und den Austausch in Forschung, Lehre und auf institutioneller Leitungsebene zu fördern.

Weitere Informationen

Kontakt

Dr. Rita Hegedüs
Ungarische Literatur und Kultur an der HU
Tel.: 030 2093 5162
hungarologie@hu-berlin.de

Aleksandra Laski
Koordinatorin CENTRAL an der HU
Tel.: 030 2093-20084
aleksandra.laski@hu-berlin.de