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„Selbstständig mit unterschiedlichen Medien arbeiten“

Die HU-Alumni Anne-Christin Zeng und Konrad Schaller lehren am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Berlin-Pankow. Ihren dortigen Kurs „Studium & Beruf“ haben sie im Zuge der Corona-Lockdowns digitalisiert. Dafür erhielten sie den 1. Preis „Unterricht innovativ 2021“.
Anne-Christin

Anne-Christin Zeng und Konrad Schaller
Foto: Heraeus Bildungsstiftung/Jörg Volland

Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung mit dem Deutschen Lehrkräftepreis in der Kategorie „Unterricht innovativ“. Was haben Sie denn dafür auf die Beine gestellt?

Anne-Christin Zeng: Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler, kurz BSO, hatten wir schon vor der Pandemie koordiniert. Im März 2020 wurden die Schulen für Wochen geschlossen. In diesem ersten Lockdown ging plötzlich nichts mehr. Deshalb haben wir in enger Zusammenarbeit für die bereits vorhandenen Inhalte unseres Kurses „Studium & Beruf“ digitale Umsetzungen erdacht und diese dann Schritt für Schritt im Rahmen des Homeschooling weiterentwickelt.

Wie funktioniert so etwas unter Bedingungen eines Lockdowns?

Konrad Schaller: Das Konzept besteht aus vier Formaten. In einer vierwöchigen Projektphase haben die Schüler:innen eigenständig Interviews mit Personen aus ihren Traumberufen geführt – pandemiebedingt meist telefonisch. Die Ergebnisse haben wir dann auf einem Berufeblog zusammengetragen, dem ersten Format. So ist eine große Bandbreite der unterschiedlichsten Berufe entstanden. Im Anschluss an die Veröffentlichung haben die Schüler:innen die Blogbeiträge der anderen gelesen und bewertet. Zweitens haben die Schüler:innen Learning Apps zum Studien- bzw. Ausbildungs-ABC selbst erstellt. Das sind digitale Lernspiele, die eine Selbstkontrolle ermöglichen. Nach der Erstellung hatten die Schüler:innen Zeit, die Apps zu verwenden und so die Begriffe zu lernen. Zum Abschluss haben wir dann ein Quiz veranstaltet, um die Expert;innen zu ermitteln.

Zeng: Das dritte Format ist eine digitale Fragerunde zum Studium: „Schüler:innen fragen – Studierende antworten“. Mithilfe von BigBlueButton, unserem digitalen Konferenztool im Lernraum, konnten wir in einer digitalen Veranstaltung 19 Studierende aus 14 verschiedenen Studiengängen mit unseren Schüler*innen der Oberstufe zusammenbringen. Es gab die Gelegenheit, individuelle Fragen zum Studium zu stellen. Nach einem kurzen Überblick über den persönlichen Werdegang ergaben sich viele Anknüpfungspunkte für Fragen: etwa Studienfachwahl, Zugangsbedingungen, Inhalte des Studiums, Uni-Alltag oder Finanzierung. Die Fachschaften der Unis aus mehreren deutschen Städten haben uns hierbei sehr geholfen, indem sie Kontakte zu Studierenden vermittelten, auch an der HU Berlin. Das vierte Format ist ein Ausbildungspodcast.

Was ist der Ausbildungspodcast?

Schaller: Die Schüler:innen erstellen allein oder zu zweit eine Audiobeitrag von zwei bis drei Minuten Länge, in dem sie einen Ausbildungsberuf vorstellen: Wie der Arbeitsalltag aussieht, für den der Beruf geeignet ist, was man verdient, wo man arbeiten kann. Wie bei den Learning Apps stellen wir hierfür ein Tool zur Verfügung. Dort finden die Schüler:innen nützliche Links für die Recherche und es ist einfach, damit einen Podcast zu erstellen.

Zeng: Unser Know-how hat sich gut ergänzt, weil wir unterschiedliche Tools kannten und uns auch bei didaktischen Ideen die Bälle zugespielt haben. Bis auf den Blog sind die Formate alle neu entstanden.

Wie geht es mit dem Konzept nach der Pandemie weiter?

Zeng: Vieles werden wir auch künftig weiternutzen. Die Interviews mit den Studierenden waren ein großer Erfolg, das wäre ja auch mit persönlichen Begegnungen machbar. Präsenzunterricht und digitale Formate können sich außerdem ja sehr gut ergänzen. Ob die Schüler:innen zum Beispiel Plakate händisch oder digital erstellen wollen, kann man ihnen ja selbst überlassen. An unserer Schule haben wir mehrere Koffer mit je 20 iPads. Auch mithilfe dieser Tablets lässt sich Präsenzunterricht und digitales Arbeiten kombinieren.

Digitale Tools allein machen noch keinen guten Unterricht. Worauf kommt es didaktisch an?

Schaller: Wir setzen auf große Vielfältigkeit durch verschiedene Vermittlungsansätze. Die Schüler:innen arbeiten möglichst selbstständig mit unterschiedlichen Medien – in Textform als auch Audio. Das motiviert sie dann im besten Fall. Die Qualität ihrer Arbeiten überzeugt uns meist: sowohl was die Bearbeitung betrifft als auch die realistischen Einblicke in die unterschiedlichen Anforderungen an einzelne Berufe. Das zeigt uns wiederum, dass das Konzept funktioniert.

Solche Erfolgsmeldungen hört man eher selten aus deutschen Schulen. Was muss noch besser werden?

Zeng: Aus eigener Erfahrung, durch unsere persönlichen Kontakte, sehen wir, dass auch an anderen Schulen viel Spannendes passiert. Lehrkräfte entwickeln in ihrem Arbeitsalltag vieles, was gut funktioniert. Solche positiven Ansätze sollten dann aber weitere Kreisen ziehen. Eine bessere Vernetzung, auch überregional, könnte befördern, dass kreative Ideen flächendeckend Erfolg haben. Wir Lehrenden können viel voneinander lernen.

Interview: Lars Klaaßen

Über die HU-Alumni

Anne-Christin Zeng ist seit 2018 am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium (CvO) als Lehrerin für die Fächer Deutsch und Geografie und seit dem Schuljahr 2020/2021 auch in der Berufs- und Studienorientierung (BSO) tätig. Nach einem dualen Studium zum B.A. International Business hat sie an der Humboldt-Universität ein Lehramtsstudium absolviert und im dortigen Sprachenzentrum gearbeitet.

Konrad Schaller ist seit 2017 Lehrer am CvO für die Fächer Französisch und Geschichte/Politik und gestaltet seit dem Schuljahr 2019/20 als Teil des BSO-Teams die Berufs- und Studienorientierung an der Schule mit. Zuvor arbeitete er im International Office der Humboldt-Universität.

Weitere Informationen 

Deutschen Lehrkräftepreis – Unterricht innovativ