„Bob Dylan fand ich... fragwürdig“
Rebecka Kärde
Foto: Anders Karlin
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Berufung in die Literaturnobelpreis-Jury! Können Sie uns erzählen, wie es dazu kam? Wie ist die Schwedische Akademie auf Sie aufmerksam geworden?
Rebecka Kärde: Ich schreibe seit etwa sechs Jahren Literaturkritiken und seit drei Jahren für die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter. Im letzten Frühjahr wurde ich von der Akademie mit einem Kritikerpreis ausgezeichnet. Daher wusste ich, dass sie mein Schreiben kannte und schätzte. Allerdings hatte ich keinen persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern gehabt. Der Anruf hat mich also völlig überrascht!
Wie müsste sich die Akademie erneuern, um ihren guten Ruf wiederherzustellen und fit für die Zukunft zu sein?
Nach dem Vergewaltigungsskandal muss die Akademie sich unbedingt erneuern und zeigen, dass sie das Vorgefallene wirklich ernst nehmen. Die Ernennung von externen Jurorinnen und Juroren ist ein Teil dieser Arbeit. Ich hoffe, dass jedes Mitglied Verantwortung übernehmen kann und mit den patriarchalischen und nepotistischen Strukturen, die die Akademie zum Teil geprägt haben und die Gewalt Jean-Claude Arnaults ermöglicht haben, aufräumt.
Welche Entscheidung der Literaturnobelpreis-Jury würden Sie gerne rückgängig machen?
Bob Dylan fand ich... fragwürdig.
Haben Sie einen heimlichen Favoriten oder Geheimtipp für den Literaturnobelpreis?
Auf jeden Fall! Ich kann sie jedoch nicht verraten, haha.
Einen Versuch war es wert.
Was ist Ihr Lieblingsbuch und wer Ihre Lieblingsautorin oder Ihr Lieblingsautor?
Diese Frage ist natürlich nahezu unmöglich zu beantworten. Zu meinem Lieblingsautorinnen und -autoren gehören allerdings Thomas Bernhard und Inger Christensen. Zurzeit bin ich auch total überwältigt von dem russischen Autor Andrei Platonow.
Und zu guter Letzt: Wie hilfreich ist das Studium an der Humboldt-Universität für Ihre künftige Arbeit als Jurorin?
Ich studiere klassische Philologie mit Schwerpunkt Gräzistik. Und im Studium beschäftigen wir uns hauptsächlich mit Autorinnen und Autoren, die schon längst gestorben sind – eine angenehme Eigenschaft eines Autors, wie ich finde. Und wenn man Literatur studieren und auswerten soll ist es nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig, eine historische Perspektive zu haben. Was unter dem Begriff ”Literatur” überhaupt verstanden worden ist, ist ja nicht statisch oder naturgegeben.
Die Fragen stellte Kathrin Kirstein.