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„Ich möchte eine verantwortungsvolle Wissenschaft machen“

Ilse Helbrecht, die diesjährige Caroline von Humboldt-Professorin, schätzt Forschung sowie den Austausch mit der Öffentlichkeit

Prof. Dr. Ilse Helbrecht
Prof. Dr. Ilse Helbrecht Foto: HU

Was macht eine Forscherin, wenn sie unerwartet und auf einen Schlag 80.000 Euro für ihre Projekte bekommt? Ilse Helbrecht, Professorin für Kultur- und Sozialgeographie, der dieses Glück widerfahren ist, muss nur eine Schublade aufmachen – im Geiste. „Zum einen möchte ich ein Projekt zu den internationalen Kunstbiennalen durchführen. Mit dem Geld werde ich die Mitarbeiterinnen, Reisen und Expertenworkshops finanzieren können“, sagt die Stadtexpertin, die die diesjährige Caroline von Humboldt-Professur erhält.

„Außerdem habe ich ab Oktober ein Forschungssemester, ich kann es freier gestalten und mein Team in anderen Projekten, beispielsweise durch Forschungsreisen, fördern.“ Ihre Freude über die Auszeichnung ist aber nicht nur wegen der großzügigen Förderung groß. „Die Professur zielt sowohl auf Forschung und Lehre, aber auch auf Engagement in der universitären Selbstverwaltung ab. Eine Professur, die all´ dies beinhaltet, ist eine Auszeichnung, die auf viele Jahre zielt, auf Dekaden, nicht nur auf ein Einzelwerk. Das macht mich fast sprachlos!“ Die Forscherin wurde an der TU München promoviert und habilitiert, ihr Habilitationsthema lautete „Die kreative Metropolis“. In Bremen hatte sie ihre erste Professur inne, 2009 kam sie an die Humboldt- Universität. Ihr Engagement in universitären Gremien zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Vita: Prodekanin des Fachbereichs Sozialwissenschaften und Konrektorin – beides an der Universität Bremen. Direktorin für Studium und Lehre und Direktorin des Geographischen Instituts – beides an der HU. „Ich habe das Glück gehabt, drei Exzellenzuniversitäten erleben zu dürfen, die aber alle drei extrem unterschiedlich sind.“

„Die aktuellen Veränderungen machen mit uns so viel“

 

Das Video-Interview führte Dr. Anne Tilkorn.

An der HU war sie Mitglied im Forum Exzellenzinitiative, das den erfolgreichen Exzellenzantrag der HU erarbeitet hat. Sie ist außerdem Mitglied im Ständigen Beratenden Ausschuss, der die Umsetzung des Zukunftskonzepts begleitet. Seit 2014 ist sie zudem Direktorin des Georg-Simmel-Zentrums für Metropolenforschung an der HU. Als Postdoc war die Wissenschaftlerin zwei Jahre in Vancouver. „Das ist heute sehr normal, früher war das noch nicht so ganz selbstverständlich und eine wichtige Erfahrung für mich.“ Auch ihr neuestes Projekt – im Sonderforschungsbereich „Re-Figuration von Räumen“ – wird sie mitunter in die kanadische Stadt führen.

Im Mittelpunkt ihres Teilprojekts „Geographische Imaginationen – Sicherheit und Unsicherheit im Generationenvergleich“ stehen – kurz gesprochen – geographische Imaginationen und ihre Relevanz für das Sicherheitsempfinden von Menschen. „Die aktuellen Veränderungen machen mit uns so viel. Einige Menschen sind unzufrieden mit der Zuwanderung, der Globalisierung, der Vernetzung von Räumen, vor allem Gruppen, die in Räumen leben, die nicht so vernetzt sind wie Metropolen, und die sich dementsprechend auch als Verlierer fühlen. Da müssen wir genauer hinsehen, auch mit einem Stadtforschungsblick.“

Verantwortungsvolle Wissenschaft machen

In der zweiten Phase des Projekts wird sie deshalb die Blickrichtung ändern und in ländlichen Räumen
forschen. „Es gibt eine Polarisierung zwischen Stadt und Land, das interessiert mich.“ Themen wie Gentrifizierung, Tourismus sowie Alter und Diversität in Metropolen stehen in ihrer Arbeit im Mittelpunkt.
Dabei treibt sie der Drang nach wissenschaftlicher Erkenntnis, erfüllt sie die Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und das Vermitteln der Erkenntnisse an Studierende. Aber gleichzeitig
schlägt ein zweites Herz in ihrer Brust.

„Ich möchte eine verantwortungsvolle Wissenschaft machen, Platon hätte gesagt, die Wissenschaft vom guten Leben. Ich habe das unglaubliche Glück, dass mit den Themen, die ich mache, und mit der Art, wie ich sie mache, es ganz leicht ist, die Brücke in öffentliche Debatten, in Politik und Praxis zu schlagen.“ Ihre Themen sind so alltags- und praxisrelevant, dass die Nachfrage nach Beratung sehr hoch ist. „So groß, dass ich gar nicht alles schaffen kann. „Das ist große Freude und Verantwortung zugleich.“

Autorin: Ljiljana Nikolic

Über die Caroline von Humboldt-Professur

Die Caroline von Humboldt-Professur ehrt exzellente Professorinnen der Humboldt- Universität. Sie dient der Projektförderung und wird seit 2012 jährlich von einer unabhängigen Jury vergeben. Im Zukunftskonzept der Universität verankert, wird die Professur durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder mit 80.000 Euro pro Jahr gefördert.

Die feierliche Verleihung findet am 23. Februar 2018 um 18 Uhr im Senatssaal des Hauptgebäudes der HU statt. Auf der Festveranstaltung wird auch der gleichnamige Preis an die Archäologin PD Dr. Natascha Mehler verliehen.

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