Wie Schafwolle Blumen zum Blühen bringt
Sie entwickelt neue Produkte für den
Gartenbau: Susanne Herfort
Foto: Klaus Mellenthin
Immer mehr Berliner Dächer, Fassaden, aber auch Wände im Innenbereich werden begrünt und werten die Umwelt ökologisch auf. Auch auf dem Dach von Haus 15 auf dem Campus Nord blühen in den warmen Monaten Sedum- Gewächse. „Gärtnerin“ auf dieser
Versuchsfläche des Instituts für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität (IASP) ist Susanne Herfort.
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut entwickelt mit ihren
Kolleginnen und Kollegen neue Produkte für den Garten- und Landschaftsbau, unter anderem auch Staudenmatten aus Schafwolle und Kokosfasern. Eine Mischung, die sehr gute Ergebnisse hervorbringt:
Die Staudenmatten erfordern wenig bis keine Pflege in Bezug auf Dünger und Wasser und erbringen mehr Ertrag als herkömmliche Matten aus Kokosfasern. Zudem ziehen sie aufgrund der größeren Biomasse mehr Insekten wie Schmetterlinge und Bienen an. Das Material ist biologisch abbaubar: Mit der Zeit verrottet es einfach.
„Schafwolle wird seit geraumer Zeit in Deutschland immer weniger nachgefragt, die Schäfer bleiben auf dem Produkt sitzen“, sagt Herfort. Die Gründe sind vielfältig: Zum einen befindet sich die Textilindustrie vorrangig in China, außerdem haben künstliche Fasern der Wolle den Rang abgelaufen. Auch ist in Deutschland der Anteil von Landschaftsschafen mit groben Fasern, die nicht für die Textilindustrie geeignet sind, mit etwa 35 Prozent recht hoch. Die Frage lautet: Wie dieses Material, das umweltschonend und nachhaltig, reich an pflanzen-physiologischen Nährstoffen wie Stickstoff und Kalium und ein guter Wasserspeicher ist, nutzen?
Blumen blühen auf Vegetationsmatten aus Schafwolle
und Kokosfasern kräftiger und ziehen mehr
Schmetterlinge an. Foto: Susanne Herfort
„Die Idee mit den Staudenmatten verfolgten wir schon länger und konnten diese nun auch umsetzen“, sagt die Wissenschaftlerin, die über das Thema promoviert. Da die letzte Wollwäscherei in Deutschland 2009 geschlossen hat und dieser Weg sowieso zu kostspielig gewesen wäre, war ein Ziel des Projekts, eine geeignete Methode zu finden, um die Wolle zu hygienisieren, was gesetzlich vorgeschrieben ist. „Wir haben ein Verfahren entwickelt, mit dem die Wolle mit Heißdampf bei 100 Grad behandelt und danach in einer ebenfalls von uns entwickelten Reißanlage zerkleinert wird.“ Danach werden die Matten von einem Gartenbaubetrieb vorkultiviert und können wie ein Rollrasen auf dem Dach ausgerollt werden.
Die Untersuchungen bezüglich der optimalen Fasermischung haben gezeigt, dass Schafwolle und Kokosfaser in einem Verhältnis von 50:50 am besten geeignet ist. Ging es bei dem Projekt zuerst um dünnere Vegetationsmatten, werden seit 2015 auch dickschichtige Matten getestet, die nicht nur für die Dachbegrünung, sondern auch für den Gebrauch im Freiland und im Gewächshaus geeignet sind. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft- und Technologie gefördert. In den Versuchen, die am Standort Dahlem des Thaer-Instituts weiterhin laufen, blühen Astern, Anemonen und Purpurglöckchen viel kräftiger als auf Kokosfasermatten, die zur Kontrolle eingesetzt wurden. Dünger und Wasser – der Sommer 2017 war allerdings sehr regenreich – waren dabei nicht notwendig.
Campus Nord: Sedeum-Gewächse blühen auf dem
Dach. Foto: Susanne Herfort
„Wir haben die Matten auch für den Tomatenanbau im Gewächshaus eingesetzt“, berichtet die Ingenieurin. Mit diesen Versuchen wird sie in diesem Jahr fortfahren. Prinzipiell sind die Matten auch dafür geeignet. Um größere Erträge zu gewinnen, muss die Nährlösung besser an die Nährstoffe der Matte angepasst werden. Außerdem sucht sie zurzeit nach Unternehmen, die die Matten im Unter-Glas-Anbau im größeren Umfang testen. Ein Produzent für die Vorkultivierung der Staudenmatte wurde bereits gefunden.
Autorin: Ljiljana Nikolic
Weitere Informationen
Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der HU
Kontakt
Dipl.-Ing. Susanne Herfort
Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der HU
Tel.: 030 2093-6126
susanne.herfort@iasp.hu-berlin.de