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Das Universum immer im Blick

David Berge greift mit Hilfe von Hochleistungsteleskopen nach den Sternen

David Berge
Prof. Dr. David Berge
Foto: DESY/Gesine Born

Antworten auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest: Hochenergiephysik und Astroteilchenphysik sind die Themengebiete, die das Forscherherz von Prof. Dr. David Berge höherschlagen lassen. „Was mich antreibt ist der Anspruch, ein grundsätzliches Verständnis dafür zu erreichen, wie das Universum funktioniert.“ Der 41jährige, der seit vergangenem Jahr eine Professur für experimentelle Teilchen- und Astroteilchenphysik an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) sowie dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) innehat, begeisterte sich schon als Schüler für Mathematik und Naturwissenschaften. „Ich finde das nach wie vor wahnsinnig spannend und faszinierend, dass wir heute durch relativ simple Beobachtungen auf der Erde nachvollziehen können, wie das Universum funktioniert“, sagt der Forscher. Den Prinzipien desselben versucht der Physiker mit Hilfe von Teleskopen und riesigen Detektoranlagen auf die Spur zu kommen.

Teleskope nicht nur benutzen, sondern selber entwickeln

Der experimentell arbeitende Grundlagenforscher entwickelt die Instrumente, die für seine Messungen gebraucht werden, gemeinsam mit Kollegen selbst, ist also ebenso sehr Praktiker wie Theoretiker. „Ich habe in meiner Arbeit die seltene Möglichkeit, Geräte selbst zu entwickeln, in Betrieb zu nehmen und im Anschluss die Daten auch selbsttätig auszuwerten.“ Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Konzeption neuer, verbesserter Teleskope ein – sozusagen ein Glücksfall unentfremdeten Arbeitens in einer immer stärker zur Spezialisierung und Arbeitsteilung neigenden Gesellschaft. „Ich arbeite nicht nur am Computer, sondern auch im Labor und in Großforschungsanlagen und dann sind wir zwischendurch auch mal in Namibia oder Chile, um dort unsere Teleskopanlagen zu installieren. Dass wir mit unseren Teleskopen die Geschichte des Universums über 14 Milliarden Jahre mit sehr guter wissenschaftlicher Präzision nachvollziehen können, das ist doch großartig“, freut sich der Forscher. Derzeit steckt Berge mitten in den Vorbereitungen zu einem weiteren, großangelegten Griff nach den Sternen: Der Physiker ist maßgeblich an der Entstehung und Inbetriebnahme des Cherenkov Telescope Array (CTA) beteiligt – einem Teleskopsystem, das Gammastrahlung aus dem All registrieren soll.

Schon zu Beginn seiner Karriere vor etwas mehr als zehn Jahren war Berge Teil eines prestigeträchtigen Großexperiments: Im September 2008 erlebte er live mit, wie der Large Hadron Collider (LHC) in Betrieb genommen wurde, erstmals Protonen durch den siebenundzwanzig Kilometer langen Speicherring rasten. „Ich habe die ersten Versuchsreihen dort miterlebt und dabei sehr nah am Experiment gearbeitet – das war ganz toll“, erinnert sich der HU-Professor, der ab 2006 an Planung, Bau und Experimenten der Großforschungsanlage in Genf beteiligt war. Berges Einsatzgebiet: Die Detektoranlage ATLAS. Das Ziel: Grundannahmen der Physik überprüfen, experimentelle Belege für Phänomene gewinnen, die bislang nur postuliert, aber nicht nachgewiesen werden konnten. Auch ging es darum, bislang unbekannte Teilchen- und Strahlungsarten aufzuspüren und so der Dunklen Materie auf die Spur kommen.
 

Teleskop
Das H.E.S.S.-Teleskop in Namibia. Foto: Vikas Chander

Nachrichten aus dem All entschlüsseln

David Berge wechselte 2013 vom CERN nach Amsterdam an den Exzellenzcluster GRAPPA und 2017 schließlich ans DESY, seitdem richtet er den Blick verstärkt gen Himmel. Stichwort: Gammaastronomie. „Die Gammaastronomie misst sehr hochenergetisches Licht und versucht so zum Beispiel, schwarze Löcher und Neutronensterne zu detektieren“, erläutert der Forscher. Aufspüren wollen Berge und seine Kollegen also Objekte im Weltraum, die in relativ kurzer Zeit hohe Mengen an Energie freisetzen – die kosmische Gammastrahlung. „Um Gammastrahlung messen zu können, bauen wir die Erdatmosphäre in unsere Detektoren nach. Hintergrund ist, dass die kosmische Gammastrahlung beim Eintritt in die Erdatmosphäre absorbiert wird. Dieser Prozess erzeugt sogenannte Tscherenkow-Lichtblitze und die sind es dann, die wir mit unseren Teleskopen aufzeichnen.“

Gemeinsame Helmholtz-Doktorandenschule

Die Zusammenarbeit in internationalen Forschungskollaborationen ist für David Berge ein essentielles Element seiner Arbeit. Das zeigt auch die erfolgreiche Einwerbung einer Helmholtz Doktorandenschule, die kürzlich gelang: Auf Initiative seines Forscherkollegen Marek Kowalski, Professor für Neutrino-Astronomie an der HU und am DESY und enger Forschungspartner Berges, stellten die Wissenschaftler gemeinsam den Antrag für die Förderung der Helmholtz Weizmann Research School for Multimessenger Astronomy (siehe weitere Informationen unten). Das Projekt wird gemeinsam von der HU, der Universität Potsdam, dem DESY und dem Weizmann Institute of Science in Israel umgesetzt. Ab kommendem Jahr werden Promovenden in der internationalen Einrichtung verschiedene Arten von kosmischer Strahlung wie Licht, Neutrinos und Gravitationswellen untersuchen. Innerhalb der Graduiertenschule vertritt David Berge die HU und agiert als Experte für kosmische Gammastrahlung.

Der Tanz auf vielen Hochzeiten – zwischen verschiedenen Forschungsinstituten, Großforschungseinrichtungen, Hochenergiephysik und Multimessenger-Astronomie sei natürlich anstrengend, räumt der Forscher ein. „Meine Frau ist Architektin und berufstätig, wir haben drei Kinder. Da sind die Umzüge und das hohe Arbeitsaufkommen, die mein Beruf mit sich bringt, schon eine große Belastung. Dem unbenommen fühle ich mich sehr privilegiert, denn an der Universität und gleichzeitig in einer außeruniversitären Einrichtung beschäftigt zu sein, eröffnet viele Chancen und gibt auch viele Freiheiten.“ Fragt man ihn nach seinen Hoffnungen für die Zukunft, reagiert der Physiker und Familienvater entsprechend gelassen: „Ich lebe eigentlich schon jetzt in meiner optimalen Zukunft. Die Professur am DESY und an der Humboldt-Universität ist meine Traumstelle. Und ansonsten drücke ich uns die Daumen, dass unsere Teleskope funktionieren und wir die Dunkle Materie aufspüren.“

Weitere Informationen

Helmholtz Weizmann Research School for Multimessenger Astronomy

Wie verschmelzen Neutronensterne? Wo im Universum entstehen die schweren Elemente? Und welche kosmischen Objekte erzeugen höchstenergetische Teilchen? Solchen Fragen widmet sich die Multimessenger-Astronomie, der Doktoranden im Rahmen der neuen Graduiertenschule Helmholtz Weizmann Research School for Multimessenger Astronomy nachgehen können. Die Graduiertenschule ist eine gemeinsame Einrichtung der Humboldt-Universität, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron, der Universität Potsdam und dem Weizmann Institute of Science in Israel und wird zu großen Teilen von der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren finanziert. Sie richtet sich an herausragende Nachwuchswissenschaftler, die im Rahmen ihrer Promotion an der Graduiertenschule Zugang zu Großforschungseinrichtungen wie dem Cherenkov Telescope Array (CTA) und dem IceCube Neutrino-Observatorium am Südpol erhalten. Ansatz der Multimessenger-Astronomie ist es, verschiedene Forschungszweige der Physik miteinander zu verbinden, um so zu Aussagen über die Beschaffenheit des Universums zu gelangen. Hintergrund ist, dass kosmische „Boten“ wie Gammastrahlen, elektromagnetische Strahlung oder Neutrinos bislang primär als Einzelphänomene untersucht wurden. Werden Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Spezialgebieten mit Hilfe neuartiger, leistungsstarker Teleskope gewonnen und miteinander kombiniert, gelangen Forscher zu ganz neuen Erkenntnissen über kosmische Phänomene wie Sternenexplosionen oder schwarze Löcher.

Webseite zur Multimessenger-Astronomie, zur Graduiertenschule und zur Bewerbung

Autorin: Nora Lessing