Drei Tage: Nachdenken über das Ganze
Fortschreitende Globalisierungsprozesse werfen die Frage nach einer
Globalgeschichte auf. Im Zuge der wachsenden Bedeutung
weltgeschichtlicher Zusammenhänge in den unterschiedlichsten
gesellschaftlichen Bereichen steigt auch das Interesse an einer
universalgeschichtlichen Perspektive. Historiker können diese Frage
heute nur sinnvoll diskutieren, wenn sie auf die Geschichte des
universalgeschichtlichen Denkens zurückschauen.
"Nachdenken über das Ganze. Universalgeschichte am
Wissenschaftsstandort Berlin", ist eine Tagung des Instituts für
Geschichtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin
überschrieben, die vom 22. bis 24. Mai im Senatssaal stattfindet.
Aufklärung, Industrialisierung und die Konkurrenz europäischer Staaten
haben seit dem späten 18. Jahrhundert die transnationale Verflechtung
und zwischenstaatliche Konfrontation auf den Feldern der Wirtschaft,
Politik, Kultur und Religion vorangetrieben. Seit den 1890er Jahren ist
im Vorlesungsverzeichnis der HU ein geradezu inflationärer Gebrauch des
"Welt"-Begriffs festzustellen, mit dem die Historiker zweifellos auf
den Übergang Deutschlands zur Weltpolitik im Zeitalter des
Hochimperialismus reagierten. Welche Rückwirkung hatte die europäische
Expansion des 19. Jahrhunderts auf die geschichtswissenschaftliche
Verarbeitung neuer Erfahrungs-, Erkenntnis- und Kommunikationsräume?
Zugleich stellt sich die Frage nach Diskurszusammenhängen innerhalb der
Universität, beispielsweise nach dem Verhältnis von Johann Gustav
Droysen, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 200. Mal jährt, zu
Georg Wilhelm Friedrich Hegel oder zu Otto Hintze – die das
universalgeschichtliche Denken an der Alma Mater Berolinensis allesamt
mitgeprägt haben. Inwieweit ist Universalgeschichtsschreibung also
lokal und institutionell "standortabhängig" und welche Varianten
universalgeschichtlichen Denkens haben sich an der Berliner Universität
herausgebildet?
Die Referentenliste enthält ausgewiesene Spezialisten, darunter
Christoph Markschies, Theologe und Präsident der Humboldt-Universität
zu Berlin, sowie u.a. die Historiker und Kulturwissenschaftler Wilfried
Nippel, Ulrich Muhlack, Otto Gerhard Oexle, Heinz Dieter Kittsteiner
und Hartmut Böhme. Der Abendvortrag von Jörn Rüsen verspricht zudem
neue Einsichten zur aktuellen Debatte über Weltgeschichtsschreibung
heute.