Jean Greisch wird neuer Guardini Professor
Zum Wintersemester 2009/2010 übernimmt Prof. Dr. Jean Greisch (66) den
Guardini Stiftungslehrstuhl für Religionsphilosophie und Katholische
Weltanschauung an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu
Berlin. Greisch tritt damit als bisher dritter Guardini Professor die
Nachfolge von Prof. Dr. Edmund Runggaldier SJ an, der seinerseits vor zwei
Jahren den Lehrstuhl von Prof. Dr. Ludger Honnefelder übernahm.
Greisch, vordem Doyen der Philosophischen Fakultät des angesehenen "Institut
Catholique de Paris", gilt als führender Vertreter der hermeneutischen
Phänomenologie, einer philosophischen Richtung, die sich in der Nachfolge
Hans-Georg Gadamers, hauptsächlich aber Paul Ricoeurs dem Sinnverstehen der
Erfahrung von Welt und der Interpretation daraus resultierender
Verständigungsweisen verschreibt.
Der gebürtige Luxemburger machte sich vor allem mit dem als "Monument der
Religionsphilosophie" (so der Schriftsteller und Philosoph Vincent
Delacroix) apostrophierten dreibändigen Werk "Le Buisson ardent et les
Lumières de la raison" (2002 – 2004) einen Namen. Zu Greischs Renommee
trugen zahlreiche weitere Veröffentlichungen bei – unter anderem zur
Philosophie Martin Heideggers, Emmanuel Levinas', Edmund Husserls und Hans
Jonas'. Seine Übersetzung des „Prinzips Verantwortung“ wurde mit dem Prix
Gérard de Nerval ausgezeichnet.
Greisch ist Mitglied namhafter internationaler philosophischer
Institutionen, darunter auch des Editionskomitees, das den Nachlass Paul
Ricoeurs betreut; er lehrte und forschte im Rahmen von Gastprofessuren und
Fellowship-Programmen u.a. in den USA, Lateinamerika und Japan.
Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen: "Herméneutique et
Grammatologie" (1977); "L’Âge herméneutique de la Raison" (1985); "La Parole
Heureuse" (1987); "Hermeneutik und Metaphysik" (1993); "L’arbre de vie et
l’arbre du savoir" (2000); "Le Cogito herméneutique" (2000); "Paul Ricoeur.
L’itinérance du sens" (2001); "Ontologie et Temporalité" (2002); "Entendre
d'une autre oreille" (2006); "Qui sommes-nous?" (2009). Auf Deutsch erschien
im August dieses Jahres seine Studie zur philosophischen Anthropologie Paul
Ricoeurs unter dem Titel "Fehlbarkeit und Fähigkeit".
Greischs Antrittsvorlesung mit dem Titel "Über Nutzen und Nachteile der
Weltanschauung für das Leben" ist für den 16. November 2009 vorgesehen. Für
die Zeit seiner Lehrtätigkeit in Berlin plant er Forschungsprojekte und
Lehrveranstaltungen zur Problematik des Denkens als inneres Sprechen, das in
der Philosophietradition immer wieder Thema war, aber bisher wenig
systematisch behandelt wurde. Das besondere Interesse des neuen Guardini
Professors gilt dem Namensgeber des Lehrstuhls, der in Berlin von 1923 bis
zu seiner Amtsenthebung 1939 durch die Nationalsozialisten tätig war. Dem
Werk Romano Guardinis, dessen 125-jähriger Geburtstag in das nächste Jahr
fällt, werden deshalb zwei internationale Konferenzen gewidmet sein, die
Greisch jeweils zum Abschluss des akademischen Jahres im September 2010 und
2011 durchführen wird.
Die Lehrveranstaltungen der maßgeblich durch eine Zustiftung der Stiftung
Propter Homines, Vaduz, Liechtenstein, geförderten Guardini Professur werden
sowohl von der Theologischen als auch der Philosophischen Fakultät
anerkannt; die jeweilige Berufung auf den Lehrstuhl wird von einem
paritätisch besetzten Gremium mit Vertretern des Guardini Kollegs sowie der
Humboldt-Universität ausgesprochen und gilt für vier Semester.
Weitere Informationen:
Guardini Stiftung e.V.
Askanischer Platz 4
10963 Berlin
Tel. 030 / 217 358–0,
E-Mail: guardini.berlin@t-online.de
www.guardini.de
Joachim Klein
Pressebetreuung
E-Mail: guardini.stiftung@googlemail.com
oder mail@kleinjoachim.de