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Ökonomien der Reproduktion

HU-Beteiligung am Netzwerk zur Geschichte und Gegenwart menschlicher Fortpflanzung

In den letzten 250 Jahren hat sich das Verständnis von Zeugung, Fortpflanzung und Geburt, aber auch von Abstammung, Vererbung und Verwandtschaft in grundlegender Weise verändert. Die aktuelle Reproduktionsmedizin zeigt erneut eine Umbruchphase an, in der all diese Kategorien eine Revision erfahren. Unter maßgeblicher Beteiligung von Wissenschaftlern der Humboldt-Universität zu Berlin hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) jetzt das auf drei Jahre angelegte Wissenschaftliche Netzwerk „Ökonomien der Reproduktion. Interdisziplinäres Netzwerk zur Geschichte und Gegenwart menschlicher Fortpflanzung 1750-2010“ bewilligt. Es verfolgt die historische Entwicklung wissenschaftlicher Konzepte von Reproduktion und Fortpflanzung in ihrem sozialen, kulturellen und politischen Kontext bis in die Gegenwart.

15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, England, Österreich, der Schweiz und den USA forschen zu einem Thema, das gegenwärtig eine Entwicklung von immer enger werdenden Verflechtungen zwischen Labor und Klinik, pharmazeutischen Unternehmen und Börse erfährt. „Stammzellen, Embryonen und Gameten sind nicht nur – ethisch umstrittene – biomedizinische Forschungsobjekte, sie stehen auch im Zentrum unterschiedlicher moralischer, biologischer, sozialer und wirtschaftlicher Ökonomien“, sagt Mitantragstellerin und Co-Koordinatorin Dr. Bettina Bock v. Wülfingen, Institut für Kulturwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Beziehungen zwischen diesen Ökonomien und menschlicher Reproduktion im Feld der Lebenswissenschaften in ihren historischen und aktuellen Dimensionen sind das Thema des Wissenschaftlichen Netzwerkes.

Die Humboldt-Universität zu Berlin ist gleich mit drei wissenschaftlichen Mitgliedern am Netzwerk beteiligt: Neben Dr. Bettina Bock v. Wülfingen, die „Zur Epistemologie der Beziehung zwischen Instrumenten und Modellierung im Feld reproduktiver Genetik im Verlauf des 20. Jahrhunderts“ forscht, gehört auch Dr. Michi Knecht, Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität, zu den Koordinatoren und Antragstellern. Im Rahmen des Netzwerkes erarbeitet Knecht eine vergleichende Ethnographie zur (Re)Produktion von Werten durch Samenbanken, Samenspender und ihre Kundinnen in Deutschland, Dänemark und den USA unter dem Titel „Vitale Ökonomien.“ Ihr Kollege Sven Bergmann vom Institut für Europäische Ethnologie und Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“ beschäftigt sich mit dem Thema „Transnationaler Fertilitäts-Tourismus“.

Durch die ganz unterschiedlichen disziplinären Bezüge sollen innerhalb des Wissenschaftlichen Netzwerkes die sozial-, kultur- und gesundheitswissenschaftlichen Forschungsansätze mit den aktuellen wissenschafts- und medizinhistorischen Perspektiven verbunden werden. Ziel ist es, durch den engen internationalen und interdisziplinären Austausch Forschungsdesiderate zu ermitteln sowie mögliche Forschungslinien für eine Longue-durée-Geschichte menschlicher Reproduktion und deren Beziehungen zu Ökonomien zu entwickeln.

AntragstellerInnen/KoordinatorInnen:
Florence Vienne (Braunschweig/Sprecherin), Bettina Bock v. Wülfingen (Berlin), Christina Brandt (Berlin/Braunschweig), Axel C. Hüntelmann (Bielefeld), Michi Knecht (Berlin)

Weitere Netzwerkmitglieder sind:
Sven Bergmann (Berlin), Antje Kampf (Mainz), Martina Schlünder (Gießen), Bettina Wahrig (TU Braunschweig), Christine Loytved (Osnabrück), Caroline Arni (Basel), Aditya Bharadwaj (Edinburgh), Kimberly Leighton (Washington D.C.), Susanne Lettow (Wien), Shahanah Schmid (London)


WEITERE INFORMATIONEN
Bettina Bock v. Wülfingen
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Kulturwissenschaften
Tel. 030 2093-8275
E-Mail: bettina.bock.v.wuelfingen@staff.hu-berlin.de

Mirja Behrendt
Humboldt-Universität zu Berlin
Pressesprecherin des Präsidenten
Tel. 030 2093-2090
E-Mail: mirja.behrendt@uv.hu-berlin.de