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Antike Astronomie: Eine Neuentdeckung im Neuen Museum?

Berliner Wissenschaftshistoriker scannen antikes Marmorfragment mit eingravierter Sterndarstellung


Über eine Millionen Besucher sind im ersten Jahr nach der Wiedereröffnung des Neuen Museums auf der Berliner Museumsinsel an der Vitrine mit dem unscheinbaren antiken Artefakt vorbeigelaufen. Das etwa 30 Zentimeter große Marmorfragment im Besitz der Antikensammlung Berlin trägt die Beschriftung „Teil eines Himmelsglobus – Römische Kaiserzeit, 1. Jh. n.Chr., Inventarnummer SK1050A“. Noch nie wurde mit modernen naturwissenschaftlichen Methoden geprüft, ob die darauf abgebildeten Sterne und Tierzeichen vielleicht mehr als bloße Verzierung sein könnten. Ob sich aus diesem Marmorfragment vielleicht ein neuer Einblick in den astronomischen Kenntnisstand antiker Wissenschaftler gewinnen lässt.

Der Sprecher des altertumswissenschaftlichen Exzellenzclusters TOPOI, Professor Gerd Graßhoff, der erst im vergangenen Herbst von der Universität Bern an die Humboldt-Universität zu Berlin abgeworben wurde, hat jetzt in Zusammenarbeit mit der Antikensammlung Berlin eine umfassende Präzisionsvermessung organisiert. Mit einer Messgenauigkeit von einem hundertstel Millimeter wurde das marmorne Fragment von einem „ATOS II Triple Scan“-Laserscanner (der Firma GOM aus Braunschweig) abgetastet und aus den Messdaten ein dreidimensionales Computermodell erstellt. Für die aufwändige Untersuchung kam es sehr gelegen, dass das Neue Museum wegen des großen Besucheransturms des vergangenen Jahres gerade zu Reinigungs- und Wartungsarbeiten für drei Tage geschlossen werden musste.

Das dreidimensionale Modell wird jetzt am Computer mit allen bekannten Sternpositionen verglichen und so die wahrscheinlichste Hypothese für die abgebildeten Figuren auf dem Artefakt errechnet. Wer den Film „Stargate“ von Roland Emmerich kennt, hat eine Vorstellung der Methode. Besonderes Augenmerk widmet Graßhoff einer über das ganze Fragment hinweg eingekerbten Linie. Möglicherweise wird sich herausstellen, dass sie als Führungsschiene einer antiken Mechanik diente, um die Bewegung von Sonne, Mond und Planeten nachzubilden. Gerd Graßhoff hofft, dass durch die Forschung der TOPOI-Wissenschaftler das unscheinbare Steinfragment im Neuen Museum vielleicht bald in die Reihe der bedeutendsten Zeugnisse antiker Himmelsdarstellungen aufgenommen wird.


WEITERE INFORMATIONEN

Prof. Dr. Gerd Graßhoff
Exzellenzcluster Topoi
Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Tel.: 030 2093-99068/-99073
E-Mail: gerd.grasshoff@topoi.org
Web: www.topoi.org