Studienpreis für sozialwissenschaftliche Abschlussarbeit
Policy-Analyse zur Verfassungswidrigkeit des Jugendstrafvollzuges von 1972-2007
Studenten der Humboldt-Universität haben mit ihrer Abschlussarbeit den mit 2.500 Euro dotierten Studienpreis 2010 der Erhard Höpfner Stiftung gewonnen. Der Preis wird jährlich gemeinsam mit der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft an Abschlussarbeiten vergeben, die "Spitzenleistungen" darstellen. In der Bewertung heißt es, die „drei Verfasser haben auf der Basis von umfangreichen und weitgespannten Recherchen das ihnen gestellte gesellschaftspolitisch bedeutsame Thema in einer methodisch und konzeptionell beeindruckenden Weise bearbeitet, so dass ihre differenziert dargebotenen Ergebnisse wissenschaftlich und sozialpolitisch gleichermaßen von hohem Wert sind".
Anhand einer Analyse der Verfassungswidrigkeit des Jugendstrafvollzugs in Deutschland beschäftigten sich Elke Hagemann, Maik Kunold und Jan-Chrsitoph Rogge vom Institut für Sozialwissenschaften mit Problemlösungsmechanismen in der Politik. Bereits 1972 urteilte das Bundesverfassungsgericht demnach, dass der Jugendstrafvollzug auf eine eigenständige gesetzliche Grundlage gestellt werden muss. Erst 35 Jahre später wurde das Problem der Verfassungswidrigkeit nach einer zweiten Aufforderung des höchsten Gerichts gelöst. Maßgeblich dafür war jedoch nicht das Engagement der Bundespolitik, sondern die Unermüdlichkeit einer einzelnen Person. In der gemeinschaftlichen Bachelor-Arbeit fragen die Studenten nach dem Grund, warum sich die Politik leisten kann, Anweisungen des Bundesverfassungsgerichts über einen so langen Zeitraum hinweg zu ignorieren. Anhand einer Bewertung des Sachverhalts mithilfe des politikwissenschaftlichen Multiple-Streams-Ansatzes schlussfolgert die Arbeit, dass es zwischen 1972 und 2006 unter den verantwortlichen Politikern niemanden gab, "der in der Lage gewesen wäre, das Projekt eines Jugendstrafvollzugsgesetzes mit ausreichender Energie und durch eine entsprechende Nähe zu den Zirkeln der Macht abzuschließen". Erst ein Amtsrichter aus Herford hat die Politik über den Umweg des Bundesverfassungsgerichts, das aus eigenem Antrieb nicht tätig werden kann, der jahrelangen Ignoranz überführt und die Verfassungswidrigkeit beendet.
Die Erhard Höpfner Stiftung unterstützt benachteiligte Kinder und Jugendliche aus Berlin und fördert wissenschaftlichen Nachwuchs. Für den Studienpreis wählt die Stiftung in Kooperation mit der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft jedes Jahr einen neuen fachlichen Schwerpunkt aus. Im Jahr 2010 konnten sich Absolventen mit sozialwissenschaftlichen Abschlussarbeiten bewerben.
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