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Flexible Nanodrähte

Berlin-Grazer Wissenschaftlerteam entwickelt molekulare Drähte mit hoher Leitfähigkeit und Biegsamkeit

Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Leitung von Stefan Hecht, Institut für Chemie und IRIS Adlershof der Humboldt-Universität zu Berlin, sowie Leonhard Grill von der Karl-Franzens-Universität Graz konnte erstmals Molekülketten herstellen, die trotz ihrer Flexibilität ungeahnt hohe Leitfähigkeit besitzen. Der neue Ansatz der Forscher ermöglicht das Design flexibler Nanodrähte und gibt somit detaillierten Einblick in den Zusammenhang zwischen chemischer Struktur und elektronischen sowie mechanischen Eigenschaften. Derartig leitfähige und flexible Nanodrähte gelten als Schlüsselbausteine für künftige logische Schaltkreise (“molecular electronics”) sowie flexible elektronische Alltagsgegenstände (“wearable plastic electronics”). Die Studie wurde jetzt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Miniaturisierung elektronischer Bauelemente schreitet seit fünf Jahrzehnten stetig voran. Mittlerweile besitzen kleine „smarte“ Mobiltelefone mehr Rechenleistung als ganze Rechenzentren früherer Tage. Dabei liegt die Grundlage jedes elektronischen Geräts in der Kontrolle des Flusses von Ladungen durch Transistoren und Leiterbahnen. Deren ultimative Verkleinerung besteht in der Realisierung molekularer Schalter und Drähte („molekulare Elektronik“). Letztere sollten eine hohe Leitfähigkeit aufweisen, um den elektrischen Kontakt zwischen einzelnen Molekülen zu gewährleisten, darüber hinaus aber auch biegsam sein, um sich einer flexiblen Unterlage anzupassen. Bislang wurden vor allem Ansätze verfolgt, die eine erhöhte Leitfähigkeit durch steifere Drahtstrukturen realisiert haben. Dies ist jedoch unmittelbar mit einer inhärenten Rigidität und somit geringen Flexibilität verbunden.

In ihrer neuen Arbeit stellt die Gruppe um Stefan Hecht nun einen alternativen Ansatz vor: In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Leonhard Grill nutzten die Forscher die von ihnen gemeinsam entwickelte Oberflächenpolymerisation und Einzeldrahtcharakterisierung aus, um molekulare Ketten aus abwechselnd elektronenreichen und elektronenarmen Einheiten zu erzeugen. Die resultierenden alternierenden Donor-Akzeptor-Polymere weisen eine ausgezeichnete Leitfähigkeit auf, ohne jedoch ihre Flexibilität einzubüßen, obwohl die Elektronen nur schlecht über das Drahtmolekül verteilt sind. Letzteres ist unerwartet und widerspricht dem allgemein anerkannten Modell, nach denen nur die Delokalisierung von Elektronen über das Molekül einen effizienten Ladungstransport gewährleistet.

„Unsere Studie trägt zum fundamentalen Verständnis von elektrischem Transport durch Einzelmoleküle bei und sollte das Design neuer und besserer molekularer Drähte beflügeln“, erklärt Stefan Hecht, Professor für Organische Chemie und Funktionale Materialien an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er erhofft sich wesentliche Impulse für das breite Feld der molekularen und organischen Elektronik.

Die Studie wurde im Rahmen des EU-Projekts AtMol („Atomic Scale and single Molecule Logic gate Technologies“) in einer internationalen Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Karl-Franzens-Universität Graz sowie dem französischen Centre National de la Recherche Scientifique in Toulouse und dem Institute of Materials Research and Engineering in Singapore durchgeführt.

Publikation

Conductance of a single flexible molecular wire composed of alternating donor and acceptor units. C. Nacci, F. Ample, D. Bleger, S. Hecht, C. Joachim, and L. GrillNature Communications 6, 7397 (2015) DOI: 10.1038/ncomms8397

Kontakt

Prof. Stefan Hecht, Ph.D.

Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Chemie und IRIS Adlershof

Tel.: 030 2093-7365
sh@chemie.hu-berlin.de

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