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„Viele Studierende haben den Plan, ein Start-up zu gründen“

Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft, im Interview

6-foto-steffen-krach.jpgHerr Krach, Sie haben im Sommer anlässlich der Vorstellung des Programms Exist Start-up Germany-Israel gesagt: ,Unser Ziel ist es, die Gründungen aus den Hochschulen heraus weiter zu verbessern’. Warum ist Ihnen das als Vertreter der Wissenschaftsverwaltung wichtig?

In Berlin herrscht eine andere Situation als in den meisten anderen Bundesländern: Hier gibt es eine große und vielfältige Wissenschaftslandschaft, die der Motor für Gründungen ist. Deshalb sieht die Wissenschaftsverwaltung diesen Bereich als Schwerpunkt. Wir haben natürlich die Hoffnung, dass durch Gründungen weiterhin neue Arbeitsplätze entstehen und die Wissenschaft noch stärker als Zukunftsfaktor für die Stadt Berlin wahrgenommen wird.

Heißt das, dass die Wissenschaft als Zukunftsfaktor nicht genügend wahrgenommen wird?

Das ist eindeutig besser geworden. Alle sind sich einig: Die Wissenschaftslandschaft ist zentral für die Zukunft Berlins. Wir haben aber mit der Bedeutung der Hochschulen für die Start-up-Hauptstadt Berlin noch ein weiteres Argument hinzugewonnen. Und noch etwas: Viele Studierende haben auch den Plan, nach dem Studium ein Start-up zu gründen. Mit unseren Initiativen entsprechen wir auch deren Wünschen.

In der Präambel des Berliner Hochschulvertrages steht, dass die Kooperation zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft zur Steigerung der regionalen Innovationskraft, Gründungsintensität und Wertschöpfung verstärkt werden soll. Was macht die Senatsverwaltung, um dieses Ziel zu erreichen?

Die Hochschulen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben in der Vergangenheit schon extrem viel in diesem Bereich geleistet. Und dafür bedurfte es nicht noch einmal einer Regelung im Hochschulvertrag. Die Regelung führt aber dazu, dass die Wahrnehmung  gesteigert und der Impuls für Gründungen und Kooperationen weiter gestärkt wird. Berlin ist in aller Munde als die Start-up-Metropole in Europa vergleichbar mit Tel Aviv oder London. Das soll so bleiben.

Welche konkreten Schritte planen Sie?

Wir planen keinen Alleingang, sondern sind bereits mit vielen Beteiligten wie den Gründerzentren der Hochschulen und der IHK im Gespräch. Man kann zum Beispiel darüber nachdenken, ob man Studierenden einen zusätzlichen Anreiz am Ende des Studiums bietet, das Risiko einzugehen und eine Gründungsidee in die Tat umzusetzen. Möglich wäre auch, im Curriculum für dieses Thema mehr Platz einzuräumen, um so den Gründungen einen höheren Stellenwert zu geben. Ab November werden wir mit den Hochschulen über die Qualitäts- und Innovationsoffensive diskutieren, und da werden auch diese Dinge eine Rolle spielen.

Beim Thema Gründungen an Hochschulen bewegt man sich zwischen zwei Senatsverwaltungen, Wissenschaft und Wirtschaft. Welche Unterstützung brauchen Sie von den Kollegen in der Wirtschaftsverwaltung, um Gründungen an Hochschulen zu fördern?

Das, was an den Hochschulen passiert, ist ganz klar unser Thema. Wir sehen uns da in der Verantwortung, die Hochschulen zu unterstützen. Und deshalb werden wir demnächst in der Verwaltung eine neue Stelle schaffen. Diese Person wird sich nur mit den Themen Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und den Gründungsaktivitäten beschäftigen und als Ansprechpartner für die Hochschulen und Gründerzentren fungieren. So eine Stelle hat es hier bislang noch nicht gegeben. Sie ist auch Ergebnis der Gespräche mit den Gründerzentren, die sagen, wir brauchen feste Ansprechpartner in der Wissenschaftsverwaltung. Wir kommen dann ins Spiel, wenn Start-ups nach drei, vier Jahren in die Phase der Konsolidierung kommen. Manchmal brauchen sie weitere Unterstützung. Die muss dann die Wirtschaftsverwaltung im Blick haben.

Kooperationen mit der Wirtschaft können vielfältig sein. An den Hochschulen selbst und unter den Forschenden wird das bisher wenig thematisiert. Welche Ideen gibt es von Seiten der Senatsverwaltung, den Wissenschafts- und Technologietransfer voranzutreiben – außerhalb von Ausgründungen?

Zunächst muss ich zumindest teilweise widersprechen. Ich bin der Auffassung, dass Kooperationen zwischen den Hochschulen, mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aber auch Kooperationen mit Unternehmen stärker im Fokus sind als noch vor einigen Jahren. Richtig ist, dass daraus aber noch mehr gemacht werden kann. Die Möglichkeiten einer sinnvollen Zusammenarbeit und eines gelungenen Technologietransfers sind vielfältig. Nehmen wir nur die Impulse, die die Wissenschaft für die Entwicklung von Zukunftsorten in der Stadt haben kann. Ohne die Humboldt-Universität hätte es nie diese Entwicklung in Adlershof gegeben, und die Beuth-Hochschule wird  entscheidend sein für die Entwicklung in Tegel. Im Bereich der Gesundheitswirtschaft haben wir enorme Potenziale der Zusammenarbeit. Auch das Berliner Institut für Gesundheitsforschung bietet eine Plattform dafür. In einigen Bereichen wünsche ich mir jedoch eine stärkere Unterstützung der Wirtschaft für Forschungsprojekte oder den Mut, neuen Technologien den Weg zu bereiten, um sie dann in der Umsetzung weiterzubringen. Das kann Wissenschaft ab einem gewissen Punkt allein nicht leisten.

Das Programm Exist Startup Germany-Israel geht nun in die Umsetzungsphase. Sind von Ihrem Haus für 2016 bereits neue Programme geplant, die den Gründerstandort Berlin stärken?

Bei der Einwerbung von  Exist-Gründerstipendien, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziert werden, sind wir schon sehr erfolgreich. Wir werben rund 25 Exist-Stipendien jährlich ein, und damit sind wir auf Platz eins oder zwei bundesweit. Inwiefern wir noch stärker unterstützend tätig werden können, werden wir mit den Hochschulen in den kommenden Monaten besprechen.

Das Interview führte Ljiljana Nikolic

 

Veranstaltungshinweis

Interessierte können die Veranstaltung Wissenschaft trifft Wirtschaft – Advanced Materials am 8. Dezember 2015 im Erwin Schrödinger-Zentrum besuchen. Wissenschaftler/innen und Unternehmen diskutieren gemeinsam über aktuelle Herausforderungen zum Thema Advanced Materials.