Presseportal

Die Dynamik der Exzellenzinitiative weiterentwickeln

Wie die Koexistenz zwischen temporären Clustern und dauerhaften Fakultäten meistern? Podiumsdiskussionsrunde zur Zukunft des Bund-Länder-Programms

Teilnehmer der Podiumsdiskussion (von links nach rechts): Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der HU, Julia von Blumenthal, Dekanin der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät der HU, Hans Jürgen Prömel,  Präsident der TU Darmstadt, Christian Rosenmund, Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster NeuroCure der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gudrun Krämer, Direktorin der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies der Freien Universität Berlin und Stefan Hecht, Ph.D., Professor für Organische Chemie und funktionale Materialien am Institut für Chemie der Humboldt-Universität. Abbildung: Mark Wagner

 

Begrüßung Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin,
Impulsvortrag Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Jürgen Prömel, Präsident der TU Darmstadt und ehemaliger Vizepräsident für Forschung der Humboldt-Universität zu Berlin
Video: Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

Wohl kaum eine Frage beschäftigt Wissenschaftler aller Disziplinen zurzeit so intensiv wie die nach der Fortsetzung der milliardenschweren Exzellenzinitiative.  Vor wenigen Wochen wurde der Evaluationsbericht der Imboden-Kommission vorgestellt, der auch Handlungsempfehlungen für die Zeit nach dem Auslaufen des Programms im Herbst 2017  enthält. Ende Februar fand deshalb an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) das zweite Exzellenz-Forum mit  dem Titel „Dauerhaft dynamisch?!“ statt.

Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der HU, betonte, es  gehe diesmal um die Sicht auf die inneren Strukturen der Universität und wie es um die produktive Koexistenz bestellt sei zwischen den auf Dauer angelegten Fakultäten und den temporär geförderten Projektstrukturen, etwa den Exzellenzclustern oder Graduiertenschulen. Wie könne man die Dynamik, die die Exzellenzinitiative an die Universität gebracht habe, aufrechterhalten, entfachen und entwickeln? „Welches Arrangement einer Universität ist eigentlich produktiv für die Ermöglichung exzellenter Wissenschaft?“, fragte Olbertz, der die Veranstaltung auch moderierte. Diese und viele weitere Fragen diskutierte ein Podium mit Vertretern beider Bereiche.

"Wir bringen über den Wettbewerb Geld, Stellen und einen gewissen Glanz"

Zuvor jedoch skizzierte Hans Jürgen Prömel, der Präsident der TU Darmstadt und ehemaliger Vizepräsident für Forschung der HU, wie das Zusammenspiel der 13 Fachbereiche an der TU Darmstadt Dynamik in die Universität gebracht habe. „Wir haben die Fachbereichsstrukturen so belassen, wie sie waren“, sagte Prömel. Heute ist das Forschungsprofil durch sechs Profilbereiche geprägt, an denen verschiedene Fachbereiche beteiligt sind. Auch die Lehre wurde über Fachbereichsgrenzen, sowie Forschung und Lehre miteinander vernetzt. Prömels Fazit lautet: „Die Fachbereichsstruktur ist heute an der TU Darmstadt ebenso unverzichtbar wie die verschiedenen fächerübergreifenden interdisziplinären Netzwerke in Forschung und Lehre.“ Ein Wechselspiel von statischen und flexiblen Strukturelementen ist entscheidend für die dynamische Weiterentwicklung einer Universität – dieses „Wechselspiel“ war das erste Stichwort für die anschließende Diskussion.

Abbildungen: Mark Wagner

Gudrun Krämer etwa, die Direktorin der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies der Freien Universität Berlin, hat bislang nicht die Erfahrung gemacht, dass sich ihre Graduiertenschule und der Fachbereich in die Quere kommen. „Er ist ganz bestimmt kein Hindernis“, sagte sie. Allerdings müsse man bedenken, dass die Graduiertenschule derzeit noch durch die Exzellenzinitiative gefördert werde. „Wir befinden uns damit in einer Luxussituation“, sagte Krämer. „Wir bringen über den Exzellenzwettbewerb Geld, Stellen und einen gewissen Glanz.“ Würden die Empfehlungen der Imboden-Kommission umgesetzt, also die Förderung der Graduiertenschulen abgeschafft, könne sich das schnell ändern, befürchtet sie.

Konflikt zwischen Lehre und Hochleistungsforschung sei unübersehbar da

Eine andere Perspektive nahm die Dekanin der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät der HU, Julia von Blumenthal, ein. Sie fordert etwa von den Mitgliedern eines Exzellenzcluster, dass sie erstens zur Profilbildung der Fakultät beitragen, also in der Forschung Impulse auslösen, die an das anknüpfen, was in den Fächern ohnehin schon da ist. „Zweitens erwarte ich, dass auch für die Kolleginnen und Kollegen im Cluster die Einheit von Forschung und Lehre im Vordergrund steht.“

Podiumsdiskussion
Video: Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

Damit war das nächste Stichwort für die muntere Diskussionsrunde gegeben, das Spannungsverhältnis von Forschung und Lehre. „Wie stellen wir sicher, dass die Studierenden den besten Köpfen begegnen bevor sie im Graduiertenstudium sind?“, fragte Moderator Olbertz das Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster NeuroCure der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Christian Rosenmund. „Die Stellen, die wir durch die Exzellenzinitiative geschaffen haben, sind alles verstetigte Stellen“, antwortete dieser. Man befinde sich in einem Boot, mit denen, die lehren. Der Konflikt zwischen Lehre und Hochleistungsforschung sei aber unübersehbar da. Entscheidend sei deshalb, dass die Professoren kollegial zueinander seien, dass die Lehrbelastung fair verteilt sei.

"Cluster und Graduiertenschulen sollten kreativ und innovativ bleiben"

Auch der Chemiker Stefan Hecht berichtete vom Integrative Research Institute for the Sciences der HU in Adlershof, dass alle Kollegen grundständige Lehre anböten. „Hier kauft sich keiner frei davon“, sagte er. „Wir verbringen viel Zeit in der Ausbildung auf Master- und Doktorandenniveau.“

Podiums- und Zuschauerdiskussion
Video: Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

In der Schlussrunde durften die Podiumsteilnehmer noch einmal ihre Wünsche an die jeweils andere „Seite“ formulieren. „Cluster und Graduiertenschulen sollten kreativ und innovativ bleiben. Die Überlegungen zur institutionellen Weiterentwicklung sollten sie aber gemeinsam mit der Universitätsleitung und der Fakultät betreiben und dabei alle Aufgaben einer Uni im Blick haben“, forderte die Dekanin Julia von Blumenthal beispielsweise. „Verlässliche und langfristig planbare Finanzierungsmöglichkeiten“, wünschte sich Stefan Hecht. Mehr Offenheit und Verständnis für die jeweils andere Seite – das äußerten schließlich alle Beteiligten.

Autor: Roland Koch

Weitere Informationen

Kontakt

Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Humboldt-Universität zu Berlin

Tel.: 030 2093-2345
pr@hu-berlin.de