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Wer sich sozial engagiert, lebt und stirbt zufriedener

Neue Studie zum Wohlbefinden am Ende des Lebens von Wissenschaftlern der Humboldt Universität zu Berlin zusammen mit einem internationalen Team veröffentlicht

Foto Senioren

Abbildung: sei-fotografie.de

In den letzten Jahren vor dem Tod nimmt das Wohlbefinden häufig stark ab. Doch wer mit mehr sozialen Werten in die letzte Phase des Lebens geht und auch bei einem schlechten Gesundheitszustand sozial aktiv bleibt, dem geht es besser, besagt eine neue Studie.

Häufig beginnt das Wohlbefinden von Menschen bereits einige Jahre vor ihrem Tod rapide abzunehmen. Warum hierbei jedoch große Unterschiede zwischen den Betroffenen bestehen, ist bislang wissenschaftlich nicht genau geklärt. Dass der Gesundheitszustand für das Wohlbefinden gerade am Ende des Lebens zentral ist, ist offensichtlich. Weniger klar war bisher jedoch, welche Rolle psychosoziale Faktoren spielen. Wissenschaftler des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) untersuchten in einer Studie, die in Kooperation mit der Längsschnittstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) entstand, den Zusammenhang zwischen sozialem Engagement und Wohlbefinden im letzten Lebensabschnitt. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Psychology and Aging veröffentlicht.

Engagement ist am Ende des Lebens fürs eigene Wohlbefinden wichtig

Für die Studie „Terminal decline in well-being: The role of social orientation“ wertete die Forschergruppe Daten der Längsschnittuntersuchung SOEP aus, die unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft am DIW Berlin durchgeführt wird. Untersucht wurden die Daten von 2.910 verstorbenen Personen, die vor ihrem Tod bis zu 27-mal an der jährlich durchgeführten Erhebung teilgenommen hatten. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt ihres Todes betrug 74 Jahre und das Verhältnis von Männern und Frauen war ausgeglichen. An der Auswertung der Daten waren auch nordamerikanische Wissenschaftlerinnen der Arizona State University, der Cornell University, der Pennsylvania State University und der University of British Columbia beteiligt.

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl ein sozial aktives Leben als auch das Verfolgen von sozialen Zielen unabhängig voneinander mit einem höheren Wohlbefinden in dieser letzten Lebensphase in Verbindung stehen. Der Zusammenhang ist unabhängig von anderen bereits bekannten Faktoren, wie dem Gesundheitszustand, Behinderungen oder Krankenhausaufenthalten sowie beispielsweise dem Geschlecht, dem sozio-ökonomischen Status und dem Bildungsstand zu beobachten. Die Stärke des Effektes liegt bei annähernd zehn Prozent im Hinblick auf die Höhe des Wohlbefindens und bei beinahe zwanzig Prozent in Bezug auf dessen Abnahme kurz vor dem Tod. „Wir fanden es erstaunlich zu sehen, dass die Zusammenhänge von sozialer Teilhabe und Wertschätzung mit dem Wohlbefinden – also wie zufrieden Menschen mit ihrem Leben sind – auch am Ende des Lebens so ausgeprägt sind. Das hätten wir so nicht erwartet“, sagt Denis Gerstorf von der Humboldt-Universität zu Berlin, einer der Autoren der Studie. „Menschen mit sozialer Orientierung sind daran interessiert, anderen zu helfen und engagieren sich in sozialen und politischen Initiativen. Offensichtlich ist dies auch und gerade am Ende des Lebens für das eigene Wohlbefinden von Bedeutung.“ ergänzt Gerstorf.

"Sozial aktive ältere Menschen fühlen sich gut"

Besonders interessant: Wenn die untersuchten Personen sowohl weniger sozial aktiv waren als auch soziale Ziele weniger wichtig fanden, verstärkten sich die an sich schon einzeln vorhandenen Effekte erheblich. Diese Menschen schätzten ihre Lebenszufriedenheit ein Jahr vor ihrem Tod besonders niedrig ein. Außerdem konnte gezeigt werden, dass soziale Teilhabe nicht nur an sich wichtig ist, sondern dass es auch darauf ankommt, sozial aktiv zu bleiben. So war die Abnahme des Wohlbefindens vor dem Tod weniger ausgeprägt bei Menschen, deren hohes Niveau an sozialen Aktivitäten – trotz Krankheit und Behinderung – kaum abnahm. „Sozial aktive ältere Menschen fühlen sich gut, wahrscheinlich weil sie etwas machen, was ihnen Freude bringt. Indirekt kann die allgemeine Lebenszufriedenheit dadurch gestärkt werden, weil das Selbstwertgefühl steigt ebenso wie das Gefühl, noch etwas bewegen zu können“, erklärt Gert G. Wagner (DIW Berlin), einer der Ko-Autoren der Studie.

Publikation

Gerstorf, D., Hoppmann, C. A., Löckenhoff, C. E., Infurna, F. J., Schupp, J., Wagner, G. G., & Ram, N. (2016). Terminal decline in well-being: The role of social orientation. Psychology and Aging. doi: 10.1037/pag0000072

Weitere Informationen

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Kontakt

Dr. Katrin Schaar
Humboldt-Universität zu Berlin

Tel.: 030 2093-9421
schaar@mpib-berlin.mpg.de