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Japan - ein Paradies der Kinder

Die Ausstellung "Ein Paradies der Kinder: Der westliche Blick auf Kindheit in Japan um 1900" arbeitet heraus, wie sich der Topos des "Kinderparadieses" in Bild und Schrift etablierte.

Die Ausstellung ist vom 28. April 2016 bis zum 28. April 2017 in der Luisenstraße 39 zu sehen. Ein reich bebilderter Katalog mit ausführlichen Texten und frühen Übersetzungen aus dem Bereich japanischer Kindheitskultur erscheint beim EB-Verlag Dr. Brandt.

Im Rahmen der Vorlesungsreihe, die sich über das Sommersemester 2016 und das Wintersemester 2016/17 erstreckt, nehmen Referentinnen und Referenten aus Europa, Japan und Nordamerika Exponate der Ausstellung als Ausgangspunkt, um Lebenserfahrungen zeitgenössischer Kinder zu ergründen.

Im Sommersemester 2016 findet am Seminar für Ostasienstudien die Lehrveranstaltung "Kindheit und Jugend im modernen Japan, 1850–1950" statt.

Weitere Informationen

 

Fast jeder Reisende hat das Wort des englischen Gesandten Alcock wiederholt, dass Japan das Paradies der Kinder sei, und mit Recht. Die Erziehung wird mit Ruhe und Freundlichkeit geleitet. Vor Kindern in Affekt zu geraten oder sich durch Vergehen solcher unmündigen Wesen zu Heftigkeit und Härte hinreißen zu lassen, gilt für ungebildet und roh. Daher werden Kinder selten gezüchtigt und auch in der Schule ist körperliche Strafe streng verboten. Dennoch giebt es keine folgsameren Schulkinder als die in Japan. […] Ein Kind von drei oder vier Jahren ist in Verbeugung und anderen Höflichkeitsbezeugungen ebenso erfahren als ein Erwachsener und was man als Kind lernt, das lernt man bekanntlich gründlich.

Über japanisches Familienleben, 1894)

Carrying Babies
Abbildung: Unbekannter Fotograf.
Kindermädchen, ca. 1890er Jahre.
Mori-Ôgai-Gedenkstätte

 

So äußerte sich (Mori Ôgais Lehrer) Erwin Baelz, der seit 1876 als Professor der Medizin an der Kaiserlichen Universität zu Tokyo lehrte, über den Umgang mit Kindern in Japan, als er für einige Monate auf dem heimatlichen Kontinent weilte. Zahlreiche Reisende bestätigten seine Beobachtungen, und vergleichbare Passagen wurden zu einem festen Bestandteil der japanophilen, aber auch der reformpädagogischen Literatur um das Jahr 1900.

Dagegen bezweifelten japanische Sozialreformer und Pädagogen, dass ihr Land Kindern paradiesische Verhältnisse biete. Ihre Entdeckung ,moderner’ Vorstellungen von Kindheit und Jugend in Europa und Nordamerika bestärkte sie darin, überkommene Erziehungsmethoden und traditionelles Familienleben zu kritisieren und eine neue Gestaltung der frühen Lebensphase zu fordern.

Die unterschiedlichen Wahrnehmungen unterstreichen, dass es sich um ein faszinierendes Kapitel der globalen Kindheitsgeschichte handelt. Tatsächlich hat die Frage, was Japans rapider Übergang in die Moderne für junge Menschen bedeutete, in letzter Zeit in unterschiedlichen Disziplinen größere Aufmerksamkeit erfahren. Um neue Ergebnisse vorzustellen und um zur Vernetzung beizutragen, widmen sich nun eine Ausstellung und eine Vorlesungsreihe der Mori-Ôgai-Gedenkstätte diesem Aspekt der Begegnung zwischen Ostasien und Europa. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Mitarbeitern der Berliner Museen und Studierenden der Humboldt-Universität realisiert und von der Tôshiba International Foundation gefördert.

Kontakt

Beate Wonde
Kuratorin an der Mori-Ôgai-Gedenkstätte
Tel.: 030 282-6097
beate.wonde@rz.hu-berlin.de

Dr. Harald Salomon
Wissenschaftlicher Leiter der Mori-Ôgai-Gedenkstätte
Tel.: 030 2093-1169
harald.salomon@rz.hu-berlin.de