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Studie zeigt Probleme der EU-Politik in Umweltschutzfragen

Die gegenwärtige Politik der EU hat Schwierigkeiten, gleichzeitig die Bindung von Kohlenstoff und den Schutz von Biodiversität zu fördern

Ein kürzlich veröffentlichter wissenschaftlicher Artikel einer Forschergruppe mit Beteiligung der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) hebt bedeutsame Konflikte zwischen den bestehenden europäischen Vorgehensweisen zur Abschwächung des Klimawandels durch die Bindung von Kohlenstoff und dem Schutz der Graslandbiodiversität hervor.

Eine weitverbreitete Annahme, auf welcher die aktuelle Umweltschutzpolitik beruht, geht davon aus, dass eine Vergrößerung der Waldfläche nicht nur das Klima durch Kohlenstoffbindung profitieren lässt, sondern auch die Biodiversität unterstützt und somit eine "Win-Win" Situation darstellt.

Wird die EU ihrer Führungsposition im Umweltschutz gerecht?

Neue Indizien weisen jedoch darauf hin, dass ein gemeinsamer Nutzen für Klima und Biodiversität sehr stark vom jeweiligen Kontext abhängt und dass die Auswirkungen von Aufforstung oft sehr ungewiss sind.

Da der EU oft eine Führungsposition in globalen Umweltschutzfragen zugesprochen wird, ist es legitim zu hinterfragen, ob ihre gegenwärtige Umweltpolitik diese Unsicherheiten wahrnimmt, berücksichtigt und letztendlich die potentiellen Konflikte zwischen dem Management von Kohlenstoff und dem Schutz von Biodiversität entschärft.

Interdisziplinäre Forschung in fünf Ländern

Die Forscherinnen und Forscher des Geographischen Instituts der HU versuchten, in Kooperation mit einem internationalen und interdisziplinären Team von Kolleginnen und Kollegen der Universitäten von Rom, Brünn, Paris und Amsterdam, auf diese Frage eine Antwort zu finden. Das beunruhigende Ergebnis ihrer Arbeit wurde kürzlich in dem Wissenschaftsjournal „Biological Conservation“ vorgestellt: Es existieren bedeutende Konflikte zwischen Vorgehensweisen zur Abschwächung des Klimawandels und der Steigerung der Kohlenstoffbindung einerseits und solchen zum Schutz von Biodiversität andererseits.

Obwohl beispielsweise gering bewirtschaftetes Grasland nachhaltig zum Schutz von Biodiversität und zur Kohlenstoffspeicherung beiträgt, besteht die Gefahr, dass die EU den Erhalt solcher Flächen in manchen Gegenden subventioniert, während sie in anderen Gebieten dafür bezahlt, dass ähnliche Grasländer in Wälder umgewandelt werden.

“Die Ergebnisse sind sehr beunruhigend", sagt Prof. Tobias Kümmerle, Leiter der Abteilung Physische Geographie an der HU, der an der Studie mitgearbeitet hat. “Ich denke, dass es eine viel bessere Harmonisierung der EU-Politik im Bereich Wald- und Grasland-Ökosysteme geben muss."

Weitere Informationen

Burrascano, S., Chytrý, M., Kuemmerle, T., Giarrizzo, E., Luyssaert, S., Sabatini, F.M. & Blasi, C. 2016. Current European policies are unlikely to jointly foster carbon sequestration and protect biodiversity. Biological Conservation, 201: 370-376.

DOI: 10.1016/j.biocon.2016.08.005 Finale Fassung online veröffentlicht : 13-AUG-2016

Kontakt

Tobias Kümmerle
Geographisches Institut der HU
Tel.: 030 2093 9372
Tobias.kuemmerle@geo.hu-berlin.de
Skype: Tobias.kuemmerle

Sabina Burrascano
Universität Rom
Tel.: 00390649912845
Sabina.burrascano@uniroma1.it