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Was macht eine Online-Petition „viral“?

Eine aktuelle Pilotstudie zeigt, was erfolgreiche Online-Petitionen auszeichnet und welche Rolle dabei die Verbreitung in sozialen Netzwerken spielt

Studie
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„Abschaffung der GEZ“, „Nein zur Pferdesteuer“, „Abschaffung der Sommerzeit“, „Verbraucherschutz – Höhere Besteuerung von Lebensmitteln“ wer wurde nicht schon einmal beim Shopping in der Fußgängerzone oder im Einkaufszentrum nach einer Unterschrift für oder gegen ein politisches, soziales oder ein Umweltprojekt gebeten? Petitionen sind ein wichtiges Werkzeug einer Demokratie, Meinungen zu erfassen und Bürgerinitiativen Wirkungshebel in die Hand zu geben. Bei vielen Petitionen muss eine Mindestanzahl von Unterschriften gesammelt werden, damit die Petition wirksam wird und an politische Repräsentanten weitergereicht werden kann. Was aber macht eine Petition erfolgreich? Welche Rolle spielen dabei soziale Medien? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der ETH Zürich haben 16.000 Online-Petitionen analysiert. In ihrer Studie haben sie herausgefunden, dass erfolgreiche und weniger erfolgreiche Petitionen subtile unterschiedliche statistische Eigenschaften besitzen. Dabei betonen diese die Rolle der sozialen Netzwerke und zeigen wie diese künftig verwendet werden können, um früh den Erfolg einer Petition vorhersagen zu können. Die Ergebnisse der Studie wurden in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PLos ONE veröffentlicht.

Das Internet vereinfacht das mühsame Unterschriftensammeln für Petitionen erheblich, weshalb sich verschiedene Online-Petitionsportale wie change.org oder moveon.org etabliert haben. Das Berliner non-profit Online-Petitionsportal www.openpetition.de ist eine solche Petitionsplattform. Hier kann jeder Mitbürger nicht nur schon existierende Petitionen unterschreiben, sondern auch eigene Anliegen als Petitionen ins Netz stellen. Mittlerweile sind mehrere Tausend Petitionen mit Millionen von Unterschriften bei openpetition.de eingegangen und mehr als drei Millionen registrierte Nutzer sind hier politisch aktiv.

Welche Petitionen sind erfolgreich?

Welchen Gesetzmäßigkeiten aber folgt der Verlauf einer Petition? Welche Petitionen sind erfolgreich und unter welchen Bedingungen? Dirk Brockmann vom Institut für Biologie der HU und Arbeitsgruppenleiter am Robert Koch Institut hat in Zusammenarbeit mit Olivia Woolley-Meza und Lucas Böttcher von der ETH Zürich die Petitionsdaten wissenschaftlich untersucht. Hierfür wurde den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit www.openpetition.de die anonymisierten Unterschriftsereignisse von ca. 16.000 Petitionen zur Verfügung gestellt. Für jede Petition konnten die Wissenschaftler die Sequenz der Unterschriftszeitpunkte und deren statistische Eigenschaften auswerten, insgesamt etwa 10 Mio. einzelne Unterschriftsereignisse.

Beim Vergleich verschiedener Petitionen zeigte sich zunächst, dass der Erfolg, also die Gesamtzahl von Unterschriften der Petitionen, sehr breit verteilt sind, sehr viele Petitionen erreichen nur wenige Unterschriften und einige wenige sehr viele. Hierbei gehorcht die Volumenverteilung einem regelmäßigen mathematischen Gesetz, einem sogenannten Potenzgesetz.

Pilotstudie zur Dynamik von Online-Petitionen

Nimmt man sich eine Petition heraus, so ähnelt der zeitliche Verlauf der Unterschriftenanzahl dem einer typischen Epidemie, anfangs kann eine Petition sehr viele Unterschriften gewinnen, danach ebbt es ab, weil zum Beispiel ein Quorum erreicht ist. „Durch diese dynamische Ähnlichkeit haben wir die Idee entwickelt, Petitionen mit ähnlichen mathematischen Modellen bzw. Methoden zu analysieren, die in der Epidemiologie erfolgreich funktionieren“, berichtet Dirk Brockmann. „Mit Hilfe dieser epidemiologischen Methoden kann man festestellen, wie stark eine Petition von äußeren Einflüssen angetrieben wird, oder ob sie z.B. durch die „ansteckende“ Weiterverbreitung in sozialen Netzwerken populär wird“, so die Wissenschaftler.

„Diese Studie ist eine Pilotstudie zur Dynamik von Online-Petitionen“, erklärt Dirk Brockmann. „Als nächstes wollen wir untersuchen, ob sich mit maschinellen Lernverfahren und Sentiment-Analysen der Petitionstexte vorhersagen lässt, welche Petitionen viele Bürger erreichen“. Brockmann betont „Wir sind dem Team von openpetition.de sehr dankbar, dass sie uns die Petitionsdaten analysieren lassen haben und freuen uns, wenn unsere Erkenntnisse Online-Petitionen als Weg zum politischen und sozialen Engagement noch populärer machen“.

Weitere Informationen

Originalveröffentlichung

Kontakt

Prof. Dr. Dirk Brockmann
Humboldt-Universität zu Berlin
Robert-Koch-Institut Berlin

Tel.: 030 18754 2070
dirk.brockmann@hu-berlin.de