Humboldt-Universität zu Berlin verabschiedet Verfassungsnovelle
Mehr als eineinhalb Jahre hat die Verfassungskommission der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) intensiv an einer Weiterentwicklung der bisherigen Verfassung gearbeitet. Nach der Verabschiedung durch das Konzil und der Zustimmung des Akademischen Senats hat heute auch das Kuratorium als drittes HU-Gremium zugestimmt. Nun muss die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege noch ihr Einverständnis geben. Das betrifft insbesondere die vorgesehenen Abweichungen von landesgesetzlichen Regelungen auf Grundlage der Innovationsklausel (§ 7a des Berliner Hochschulgesetzes). Die neue HU-Verfassung tritt in Kraft, sobald die Genehmigung des Landes vorliegt.
Anlass für die Weiterentwicklung der bisherigen HU-Verfassung war eine umfassende Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) im Jahr 2021. Die vom Konzil eingesetzte Verfassungskommission hat die Neuregelungen des Gesetzgebers umgesetzt und weitere Anpassungen vorgenommen. Wo es darum ging, bewährte Institutionen und Verfahren für die HU zu erhalten und weiterzuentwickeln, wurden bestehende Abweichungen auf der Grundlage der Innovationsklausel fortgeschrieben und zusätzlich neue Abweichungen gemäß § 7a BerlHG vorgesehen.
Was sich durch die Verfassungsnovelle ändert
Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt es zu einer Neujustierung der Kompetenzen und der Zusammenarbeit zwischen den Organen und Gremien der Universität. So wird das zentrale Gremium für akademische Angelegenheiten der Universität, der Akademische Senat, durch die Neuregelung gestärkt. Er erhält weitere, bisher beim Kuratorium liegende Kompetenzen wie den Beschluss über den Haushalt. Der Akademische Senat gibt dem Präsidium künftig außerdem zur Vorbereitung der Verhandlungen der Hochschulverträge mit dem Land Berlin ein Votum mit. Auch das Konzil, das das Präsidium der Universität wählt und als verfassungsgebendes Gremium fungiert, erhält zusätzliche Kompetenzen. Zudem sieht die neue HU-Verfassung für das Konzil eine annähernd viertelparitätische Besetzung und damit eine gleichmäßigere Beteiligung der vier Mitgliedergruppen in der akademischen Selbstverwaltung vor. Das Kuratorium verabschiedete bei mehreren Enthaltungen am vergangenen Freitag die neue Verfassung trotz großer Bedenken gegenüber Einzelbestimmungen, um den verfassungsgebenden Prozess nicht noch weiter zu verlängern und die Handlungsfähigkeit der Universität nicht zu beeinträchtigen.
Die neue HU-Verfassung nimmt zudem Änderungen beim Status der Präsidiumsmitglieder vor. So kann das Präsidium der HU künftig bei Bedarf um nebenamtliche Vizepräsident:innen erweitert werden, um der gewachsenen Vielfalt der Aufgaben Rechnung zu tragen.
Die Verfassung beinhaltet darüber hinaus eine deutliche Positionierung gegen Diskriminierung. So werden die zentralen und dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragen weiter gestärkt. Gänzlich neu vorgesehen ist eine Zentrale Kommission für Antidiskriminierung und Diversität. Zweck der Kommission ist es, eine diskriminierungssensible Verwaltungspraxis in der Universität zu fördern, bestehende Barrieren abzubauen und Räume der Diversität in Lehre, Studium und Forschung zu schaffen. Die Verfassungsnovelle eröffnet zudem den Rahmen für dringend benötigte neue Organisationsformen innerhalb von Fakultäten sowie über bestehende Fakultätsstrukturen hinweg. Sowohl Zentren innerhalb von Fakultäten als auch universitäre Zentren sollen dauerhaft Aufgaben in Forschung, Lehre und Transfer übernehmen können. Sie bieten die Möglichkeit strategischer interdisziplinärer Schwerpunktsetzungen jenseits befristeter Strukturen und Projekte.
„Die Verfassungsnovelle wurde im Konzil intensiv und teilweise kontrovers diskutiert, dazu zählt auch das Thema Viertelparität. Das Ringen um diese und andere Fragen war aber zugleich eine wichtige Debatte um unser Selbstverständnis, um die wissenschaftlichen, politischen und ethischen Grundlagen dessen, was wir unter Universität verstehen. Ich bin sehr dankbar für das große Engagement der Konzilmitglieder und die ausgezeichnete Arbeit der Verfassungskommission in diesem wichtigen Prozess“, so Prof. Dr. Ulrike Vedder, Vorsitzende des Konzilsvorstands.