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30 Jahre Nordeuropa-Institut: Einzigartige Expertise in Sprache und Kultur

Das Nordeuropa-Institut der HU ist mit seinen vier Fachgebieten und der Vermittlung von fünf nordeuropäischen Sprachen sowohl in der deutschsprachigen wie internationalen Universitätslandschaft einzigartig.

Stefanie von Schnurbein, seit 2000 Professorin für Neuere Skandinavische Literaturen und langjährige Direktorin, und Dörte Linke, geschäftsführende wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts, blicken im Interview auf Erreichtes und Zukünftiges.

Das Nordeuropa-Insitut feiert am November sein 30-jähriges Jubiläum. Worauf sind Sie besonders stolz?

Stefanie von Schnurbein: Wir vereinen nicht nur die vier Fächer Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft, Mediävistik und Linguistik an unserem Institut. Wir unterrichten auch fünf Sprachen – neben Schwedisch, Dänisch und Norwegisch auch Isländisch und Finnisch. Dabei sind wir von den Nordeuropäischen Ländern immer unterstützt worden, etwa mit Gastprofessuren durch Schweden und Norwegen. Das sind alles Alleinstellungsmerkmale in der Skandinavistik. Ein großer Glücksfall ist auch, dass wir in Berlin ansässig sind und daher mit den fünf nordischen Botschaften, die außergewöhnlicherweise auf einem Gelände zusammenarbeiten, kooperieren können.

Wie profitiert das Institut davon?

Dörte Linke: Wir pflegen Austauschbeziehungen, organisieren gemeinsame Veranstaltungen, werden von Botschaften eingeladen oder laden Botschafter oder deren Gäste zu uns ein. Ende November kam etwa die dänische Schriftstellerin Charlotte Weitze mit ihrem aktuellen Roman „Rosarium“ nach Berlin an die Dänische Botschaft. Dank unserer Kooperation besucht sie meinen Theorien- und Methodenkurs, in dem wir uns dann gemeinsam mit den Sudierenden Gedanken zum Thema Autorinnenschaft machen.

Was zeichnet das Institut noch aus?

Dörte Linke: Wir bringen sehr verschiedene Ansätze hier zusammen, die Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft und die ideologiekritische Reflexion von Wissenschaftsgeschichte. Unseren Studierenden können wir so eine außergewöhnliche Vielfalt anbieten, die sie kaum irgendwo finden. Wir haben auch eine besonders enge Community mit den Studierenden, unsere Absolvent*innen fühlen sich dem Institut sehr verbunden. Wir sind nicht nur ein Studienfach, sondern ein Arbeitsplatz zum Lernen und Forschen und sind eine enge Gemeinschaft rund um die Themen, die uns alle interessieren.

Seine große wissenschaftliche Vielfalt und sein kulturwissenschaftliches Konzept machen das Nordeuropa-Institut der HU in der Skandinavistik weltweit einzigartig. Wie kam es zu dieser Alleinstellung?

Stefanie von Schnurbein: Bis 1994 gab es eine gut aufgestellte philologisch ausgerichtete Skandinavistik an der Freien Universität. Hier an der HU gab es vor der Wende eine kleine schwedische Abteilung, die große Skandinavistik der DDR war in Greifswald. Nach der Maueröffnung haben die Kolleg*innen von FU und HU die Gunst der Stunde genutzt und die beiden Standorte fusioniert. Die FU-Abteilung zog an die HU und die Kolleg*innen etablierten einen kultur- und regionalwissenschaftlich aufgestellten Fachteil, den es bis dahin in der rein philologischen Skandinavistik nicht gab. Unseren Ansatz haben unsere Absolvent*innen mit Professuren dann in viele deutsche und skandinavische Universitäten mitgebracht.

Wie sind denn die Berufsaussichten Ihrer Absolvent*innen? 

Dörte Linke: Unsere 250 bis 300 Studierenden kommen sehr gut unter. Wir stärken die Persönlichkeiten und ermutigen sie sehr, den eigenen Interessen nachzugehen. Dadurch sind die Berufsfelder unglaublich vielfältig. Es reicht von IT-Beratung über Jobs in den Botschaften bis zu Übersetzen. 

Mit welchen Plänen blicken Sie nach vorne?

Dörte Linke: Wir sind gerade in einem Transformationsprozess, viele Personen, die das Institut langjährig geprägt haben, gehen jetzt in Pension. 

Stefanie von Schnurbein: In diesem Prozess wollen wir unsere Besonderheiten nochmals schärfen. Aus dem Fachteil Kulturwissenschaft wollen wir eine Mischung aus gesellschafts- und geschichtswissenschaftlichen Ansätzen machen und damit etwas ganz Besonders. Die Literaturwissenschaft wollen wir auf eine neuzeitliche Ebene ausrichten, also vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Für die neuen Professuren suchen wir jetzt Forscher*innen, die dafür neue Impulse bringen.

Welchen Beitrag können die Nordeuropa-Studien für unsere Gesellschaft heute leisten?

Stefanie von Schnurbein: Wir haben es mit einer sehr großen Region zu tun, die über Europa bis in arktische Gebiete reicht. Es ist wichtig, diese historisch zu betrachten. Zum Beispiel ihre weltpolitisch große Bedeutung in der Vergangenheit, die skandinavischen Wohlfahrtsstaatsmodelle oder ihre Literatur, Musik und Kunst, von Henrik Ibsen über Edvard Grieg bis hin zu Nordic Metal. Wir können fachkundig damit umgehen und zeigen, wo ihre Wirkung auf Deutschland liegt. Der Ukraine-Krieg zeigt sich derzeit auch auf Spitzbergen, wo Norweger und Russen jahrzehntelang sehr schön koexistiert haben. Aber jetzt fängt das an zu bröseln und zu knallen. Sich diese Dinge fachkundig anzuschauen, ist eine große Aufgabe, und wir können das ehrlich gesagt sehr gut. 

Das Interview führte Vera Görgen.

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