Humboldt-Universität zu Berlin

Humboldt-Spektrum 1/2004

Editorial

Wissenschaftlicher Nachwuchs.
Das am meisten unterschätzte Potenzial an deutschen Universitäten
Hans Jürgen Prömel

Wenn wir die besten Köpfe für unsere Universität gewinnen wollen, dann müssen wir bereits bei den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit der Auswahl, aber auch mit der Förderung beginnen.
Dass die Humboldt-Universität in den vergangenen Jahren nach dieser Devise gehandelt hat, zeigt ein Blick in die Statistik: Die Humboldt-Universität führt hier die bundesweiten Rankings an.
Für 17 Graduiertenkollegs hat sie die Sprecherschaft inne. Darüber hinaus wurden in den vergangenen drei Jahren vier International Graduate Schools gegründet; drei weitere Graduate Schools entstanden gemeinsam mit außeruniversitären Einrichtungen - den Max-Planck-Instituten und dem Max-Delbrück-Centrum. - Auch in der Postdoc-Phase zeigt ein Blick auf die bundesdeutschen Statistiken die Humboldt-Universität mit elf DFG-Nachwuchsgruppen, 15 eigenen Stellen (DFG) und acht VW-Nachwuchsgruppen in Spitzenposition. - Nicht zuletzt hat die frühzeitige Einführung der Juniorprofessur, in deren Zuge bislang elf von 44 Rufen aus dem Ausland angenommen wurden, der Humboldt-Universität auch international einen Namen als Universität, der der wissenschaftliche Nachwuchs besonders am Herzen liegt, gemacht.
Neben der Einwerbung von Stellen und ihrer Besetzung mit viel versprechenden jungen Wissenschaftlern muss jedoch innerhalb der Universität ein Umfeld entstehen, in dem sich das akademische Potenzial bestmöglich entfalten kann. Als für den wissenschaftlichen Nachwuchs zuständiger Vizepräsident möchte ich hierfür geeignete Fördermaßnahmen schaffen.
Zu nennen sind hier Vernetzungsaktivitäten wie Newsletter und Website für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Neben dieser elektronisch vermittelten Information sind die persönlichen Kontakte der Nachwuchswissenschaftler untereinander und mit der Administrative wichtig. So führe ich regelmäßige Treffen mit Stipendiaten der Begabtenförderwerke, den Nachwuchsgruppenleitern und den Habilitanden der Universität durch. Diese Treffen geben wertvolle Impulse für die Gestaltung der Nachwuchsförderung.
Wissenschaftliche Exzellenz ist die conditio sine qua non für eine wissenschaftliche Laufbahn; Managementfähigkeiten, Drittmittelakquise u.ä. sind aber unverzichtbare Qualifikationen, ohne die eine wissenschaftliche Karriere heute nicht denkbar ist. Mit speziell auf diese Bedürfnisse ausgerichteten Weiterbildungsveranstaltungen möchte die Humboldt-Universität ihre Nachwuchswissenschaftler mit den Schlüsselqualifikationen ausstatten, die ihnen eine erfolgreiche Karriere eröffnen.
Als jüngste Maßnahme zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses stand die Juniorprofessur seit ihrer Einführung im Feuer der Kritik. Die Klage einiger Bundesländer gegen das Hochschulrahmengesetz - und der darin enthaltenen Verankerung der Juniorprofessur - und eine Studie der Jungen Akademie, die sich trotz schlechter Hintergrundrecherche und geringer untersuchter Fallzahl kritische Töne erlaubte, gossen hier Öl ins Feuer. Die Hauptpunkte ihrer Kritik - eine unverhältnismäßig hohe Anzahl von Hausberufungen und eine unzureichende Ausstattung - treffen für die Humboldt-Universität nicht zu: Nur jeder fünfte Berufene war vor der Juniorprofessur bereits an unserer Universität beschäftigt und hatte hier auch schon promoviert. Und trotz der Auflagen, die das BMBF an seine Anschubfinanzierung geknüpft hatte (Ausgabe nur für Sachmittel und innerhalb eines halben Jahres), konnte die Humboldt-Universität ihren Juniorprofessoren eine Ausstattung auch etwa mit Reise- und Personalmitteln ermöglichen - ein Kraftakt für die Universität, aber notwendige Voraussetzung, um die Nachwuchswissenschaftler für die sechs Jahre ihrer Professur handlungsfähig zu machen.

Inzwischen hat die Erfahrung bestätigt, dass die Juniorprofessur für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine hervorragende Möglichkeit darstellt, zu einem sehr frühen Zeitpunkt Aufgaben in Forschung und Lehre selbständig wahrzunehmen. Das Berliner Hochschulgesetz hat die Juniorprofessoren den Professoren gleichgestellt und damit eine wichtige Grundlage für ihre Selbständigkeit innerhalb der Universität geschaffen. Dass die Gleichberechtigung nicht nur auf dem Papier existiert, beweist auch die Tatsache, dass die Juniorprofessorinnen und -professoren universitätsweit auch bei den Professorenrunden gern gesehen sind.

Denn nicht nur für den wissenschaftlichen Nachwuchs, auch für unsere Universität sind Juniorprofessuren ein Gewinn: Sie bringen eine Auswahl exzellenter junger Wissenschaftler an die Humboldt-Universität und mit ihnen einen wissenschaftlichen Innovationsschub. Auch international ist das Modell attraktiv und stellt eine Alternative zum vielbeklagten "Brain Drain" bereit.

Prof. Dr. Hans Jürgen Prömel
Vizepräsident für Forschung der Humboldt-Universität zu Berlin

"Leitfaden für die Zwischenevaluation von Juniorprofessuren"
Mit dem kürzlich vom Akademischen Senat verabschiedeten Leitfaden liegt nun auch eine Satzung vor, die die Qualifikationsüberprüfung nach drei Jahren verbindlich regelt.
http://www.amb.hu-berlin.de/2003/42/4220030

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 TITELBILD: 1/2004