Humboldt-Universität zu Berlin

Humboldt-Spektrum 1/2008

Editorial

Profil:
International !?

Kürzlich wurde ich für eine Konferenz um einen Beitrag zum Thema »Modelle der zentralen Kontrolle von internationalen Hochschulbeziehungen« gebeten und saß etwas ratlos vor dem Papier, auf das diese Perlen der zentralistischen Wahrheit rollen sollten. Nicht nur, dass es in der internationalen Arbeit keinen Olymp der Modelle gibt, sondern das Problem war vor allem, dass vieles gegen eine hauptsächlich zentrale Kontrolle internationaler Hochschulbeziehungen spricht: die Freiheit von Hochschullehrenden, Kooperationen anzubahnen; die Schwierigkeit, am grünen Tisch ausgehandelte Kooperationen tatsächlich umzusetzen; und drittens die Phantasie, dass ein allmächtiges Präsidium alleine bestimmt, wohin sich die Universität international bewegt. Insofern, Profil ja, aber als Mischung von kumulativen und zentralen Bemühungen, aus internationalem Raisonnement und spontan. Ansonsten ist ein Profil steril und hohl.

»Das machen die Wissenschaftler doch selbst«
Eine Universität ist eine auf Lehren, Lernen und Forschen ausgerichtete geistige Gemeinschaft von Wissenschaftlern und Studierenden, Lehrenden und Verwaltern dieser Aktivitäten, geleitet von einem Präsidium. Alle Beteiligten dieser Beziehungen sind abstrakt pro Internationalität, aber sie meinen damit keineswegs das Gleiche. Selten kommt es zu einem komplexen Verständnis der Vielschichtigkeit, die die internationale Qualität einer Universität ausmacht. Diese umfasst nicht nur alle Mobilitäten incoming und outgoing und deren Resultate, sondern auch die Schaffung von Internationalität am Heimatcampus und der entsprechenden Serviceleistungen, die das unterstützen, sowie die Zusammenarbeit in internationalen Projekten und Netzwerken.

Warum braucht man eine internationale Universität? Das Ziel ist bessere Forschung durch Beteiligung der Besten und die Erzeugung multipler Perspektiven und Ausbildungsmodi: Es geht auch um komplex interkulturell ausgebildete Studierende und um die Integration des internationalen Umfelds Berlin in die Universität, die Optimierung eines internationalen Umfelds auf dem eigenen Campus für diejenigen Studierenden, Forscher und Verwalter, die nicht ins Ausland gehen können. All dies kumuliert zu einem internationalen Profil; eine Universität, die keins hat, ist auf dem globalen Bildungsmarkt bedeutungslos.

Einzelne Forscher oder Gruppen von Forschern erzeugen ihr eigenes internationales Umfeld, Institute und Fakultäten entwickeln internationale Profile mit Studienprogrammen, Austauschbeziehungen etc. Die Universität generiert aus der Summe vielfältiger internationaler Aktionen und der Einschätzung zukünftiger Notwendigkeiten, aus Bündelung und Konzentration bestimmter Beziehungen und strategischer Richtungsentscheidungen das, was dann ihr Profil ausmacht. Das Argument folglich, dass Wissenschaftler doch selbst ihr internationales Profil erzeugen, erwächst aus einem reduzierten Verständnis universitärer Internationalität.

Profil ist zum Beispiel …
Wenn sich mannigfaltige Lehr- und Forschungstätigkeiten – gesteuerte und vereinzelte – einer Universität zu einem internationalen Profil verdichten, wie sieht dann das Profil der Humboldt-Universität aus? Es rankt sich um einzelne Partnerhochschulen weltweit, mit denen intensiv und auf vielen verschiedensten Ebenen kooperiert wird; es betrifft kleinere und größere Regionen, mit denen die Humboldt-Universität intensiv kooperiert; es berücksichtigt die besonders wichtige Rolle der Etablierung von internationalen Netzwerken für junge Wissenschaftler; und – ganz wichtig – es stellt die Notwendigkeit interkultureller Ausbildung der Studierenden und die Notwendigkeit internationaler Studienerfahrung sowie die Integration von Studienbewerbern (mit Migrationshintergrund) aus dem unmittelbaren Berlin-Brandenburger Umfeld in den Vordergrund.

Profil ist …
Die Humboldt-Universität ist in der europäischen und internationalen Lehr- und Forschungslandschaft sehr erfolgreich platziert; sie stellt Rahmen für internationale Kooperationen zur Verfügung und unterstützt durch gemeinsame Studiengänge und Forschungsprojekte verdichtete bi- und multilaterale Kooperationen in besonders intensiver Weise. Die Humboldt-Netzwerke sind dynamisch und die Komplexität des von vielen Seiten notwendigen Inputs in diese Netzwerke muss nur begrenzt dirigiert werden. Als Standort ist die Humboldt-Universität attraktiv und bietet multiple Foren an, die eigene und internationale Forscher und Studierende nutzen, um das zu tun, was der ureigenste Sinn einer internationalen Universität ist: exzellente Lehre und Forschung zu betreiben und Effekte zu maximieren in einem unterstützenden universitären Umfeld, dass – wenn nötig – bündelt und Impulse gibt.

 TITELBILD: 1/2008

Dr. Ursula Hans
Leiterin der Abteilung Internationales der Humboldt-Universität zu Berlin


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