Humboldt-Universität zu Berlin

Humboldt-Spektrum 3-4/2004

Editorial

Zum Weltjahr der Physik
Das Institut für Physik in Berlin-Adlershof

Thomas Buckhout

Kaum ein Wissenschaftler wird von einer so breiten Bevölkerungsschicht mit Bewunderung und Hochachtung verehrt wie Albert Einstein. Sein Ruhm ist ohne Zweifel hochverdient. Allein im Jahr 1905 erschienen in kurzer Folge fünf Veröffentlichungen, die unsere Betrachtung der Welt revolutionierten. Für eine dieser Veröffentlichungen zum photoelektrischen Effekt erhielt er 1921 den Nobelpreis. Die beiden letzten Artikel lieferten die Basis für die Relativitätstheorie. Max Planck und Walter Nernst erkannten die schöpferische Begabung des jungen Wissenschaftlers und holten Einstein nach Berlin. Das Angebot beinhaltete u. a. eine Professur für theoretische Physik frei von Lehraufgaben und die Berufung zum Direktor der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft für Physik. Diese Möglichkeit, sich frei von den »Aufregungen und Sorgen eines praktischen Berufes, ganz den wissenschaftlichen Studien zu widmen«, konnte er nicht ablehnen und so kam er 1914 nach Berlin.

2005 jährt sich zum 100. Mal das »Wunderjahr« von Albert Einstein und auch zum 50. Mal sein Todestag. Anlässlich dieser Ereignisse haben die Physikalischen Gesellschaften das »Weltjahr der Physik« ausgerufen. Zusammen mit der Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft am 4. bis 9. März sind zum Weltjahr zahlreiche Vorträge, interdisziplinäre Symposien und Sonderveranstaltungen in Berlin-Bandenburg geplant. Zu allen Veranstaltungen ist interessiertes Publikum herzlich willkommen. Die Präsidenten der Humboldt-Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin haben die Schirmherrschaft dieser Tagung übernommen. Das Programm ist im Internet (http://www.dpg-einstein.de/index.html.en) abrufbar.

Zum Auftakt des Festjahres werden in diesem Heft von Humboldt-Spektrum die Arbeitsgruppen des Instituts für Physik vorgestellt. Die aktuelle Forschung im Institut ist in vier Schwerpunkten organisiert: Elementarteilchenphysik, Festkörperphysik, Makromole-küle/Komplexe Systeme und Optik/Photonik. Dazu kommen die Arbeitsgruppen Plasmaphysik und Didaktik der Physik mit dem UniLab Adlershof, das den Physikunterricht an Berliner Schulen ergänzt und fördert. Der Schwerpunkt der Elementarteilchenphysik hat insbesondere mit seiner Forschung zur Quantenfeld- und Stringtheorie bereits internationale Anerkennung erzielt. Im Schwerpunkt Makromoleküle und Komplexe Systeme werden u. a. die komplexe Strukturbildung und die räumliche und zeitliche Selbstorganisation untersucht.

Dieser Schwerpunkt vereint Physiker fachübergreifend mit Chemikern, Biologen und Mathematikern. In der Festkörperphysik steht der Spinmagnetismus mit Anwendung in der Spintronik im Vordergrund. Die Kompetenzen auf diesem hochaktuellen Gebiet dienen z. B. der Herstellung magnetischer Materialien und Strukturen. Schließlich beschäftigt sich die Optik und Photonik mit Untersuchungen von Licht und dessen Wechselwirkung mit Materie auf kleinsten räumlichen und zeitlichen Skalen. Die Optik und Photonik bilden zentrale Schwerpunkte am Wissenschaftsstandort Berlin-Adlershof. Dort sind über 50 Unternehmen auf diesem Feld aktiv.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat das Institut für Physik ein neues Gebäude in Berlin-Adlershof bezogen und zusammen mit den Instituten für Chemie, Informatik, Mathematik und unlängst auch mit den Instituten für Geographie und Psychologie dort die Lehr- und Forschungstätigkeit aufgenommen. Berlin-Adlershof bietet somit exzellente Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit den traditionellen Partnern in der Chemie, Mathematik und Informatik. Der vor kurzem bewilligte Sonderforschungsbereich »Raum - Zeit - Materie« gilt als besonders erwähnenswertes Beispiel der Zusammenarbeit zwischen den Instituten für Physik und Mathematik. Außeruniversitäre Institute am Campus Adlershof und in der Umgebung sind mit dem Institut für Physik durch S-Professuren und gemeinsame Forschungsprojekte eng verbunden. Beispiele hierfür sind die Nichtlineare Optik (Max-Born-Institut), Materialwissenschaften an Halbleitern (Paul-Drude-Institut), Beschleunigerphysik (BESSY), Soft Matter (Hahn-Meitner-Institut) und Elementarteilchenphysik (DESY Zeuthen). Die zahlreichen Firmen in Adlershof ermöglichen eine anwendungsorientierte Forschung. Absolventen und Mitarbeiter des Instituts für Physik sind an einigen dieser Firmen beteiligt.

Das Institut für Physik gehört laut einer kürzlich durchgeführten externen Begutachtung zu den besonders forschungsstarken Instituten Deutschlands. Die Arbeiten aller Gruppen finden internationale Anerkennung und in mehreren Fällen sind die Arbeitsgruppen weltweit führend. Damit dokumentiert das Institut für Physik seine erfolgreichen Bemühungen, an die vor mehr als einem Jahrhundert an der Berliner Universität begründeten Traditionen anzuknüpfen.

 TITELBILD: 3-4/2004

Prof. Thomas Buckhout, Ph.D.
Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät I der Humboldt-Universität zu Berlin