Editorial
Auf ein Neues!
Christoph Markschies
Der Wunsch ist zunächst ganz wörtlich gemeint: Auf ein neues Jahr,
auf anregende wissenschaftliche Entdeckungen, auf spannende Begegnungen
in Lehrveranstaltungen, auf begeisternde Eindrücke von der
Humboldt-Universität! Der Wunsch gilt aber auch in einem weiteren
Sinne: Auf neue Anläufe beim Exzellenzwettbewerb, zunächst für die, die
schon mit Voranträgen dabei waren und nun hoffentlich an die
Langfassungen gehen können, dann auch für die, die in der zweiten Stufe
des Wettbewerbs starten wollen und sich mit ersten Planungen
beschäftigen! Weiter: Auf einen neuen Aufbruch bei unserem Versuch, in
der Berliner Mitte die Lebenswissenschaften zu verankern, als
Integrationswissenschaften zwischen Natur- und Geisteswissenschaften,
zwischen den Standorten Mitte und Adlershof, mit der Charité! Und
schließlich: Auf eine neue Präsenz unserer Forschungen, aber auch
unserer reformerischen Impulse in dieser Stadt und weit darüber
hinaus!
Viele Wünsche eines Präsidenten zum Neubeginn. Zu viele Wünsche? Im
deutschen Universitätssystem wird viel geklagt und viel zu wenig
geträumt. Immer wieder einmal ruft ein kluger Zeitgenosse mit markigen
Worten eine Krise aus, jetzt wieder einmal die »Krise der
Geisteswissenschaften« oder gleich die »Krise des deutschen
Universitätssystems«. Selbstverständlich funktioniert nicht alles
gleich gut, aber wir klagen auf hohem Niveau. Wer nur ein wenig
Universitätssysteme anderer Länder kennt, oder ahnt, wie schlecht es
dem preußischen Staat vor zweihundert Jahren ging, weiß das. Natürlich
gibt es viele Bereiche, in denen wir ausbauen müssen, um international
konkurrenzfähig zu werden – ich nenne die unterkritische Finanz- und
Personalausstattung, den Zustand vieler Gebäude oder die bürokratischen
Hemmnisse für die, die erfolgreich arbeiten. Aber die Lage ist nicht so
hoffnungslos, dass es nicht lohnt, konkrete Schritte zu
unternehmen.
Wir sollten nicht lamentieren. Mir scheint im Gegenteil, dass die Lage
in den letzten Jahren selten so stark zu Hoffnungen Anlass gab: Der
Exzellenzwettbewerb hat unsere Professorinnen und Professoren zu vielen
anregenden Ideen und neuer Zusammenarbeit motiviert; nun kommt es
darauf an, all' das für die Universität und für die Studierenden
fruchtbar zu machen. Wenn wir gewinnen, haben wir endlich die Mittel,
auf die wir so lange gehofft haben, um neue Schwerpunkte aufzubauen und
alte endlich gut auszustatten. Die Koalitionsvereinbarungen enthalten
zwar eine bittere Pille (nämlich das Auslaufen der
Hochschulbaufinanzierung), aber sie eröffnen uns mit dem Ende des
Hochschulrahmengesetzes endlich die Möglichkeit, im Blick auf unsere
Strukturen autonomer zu werden – beispielsweise das Berufungsverfahren
gänzlich in der Universität durchzuführen und so zu beschleunigen, aber
auch die Strukturen stärker nach Kriterien von Leistung und Exzellenz
zu gestalten. Schließlich bietet uns das zweihundertjährige Jubiläum
unserer Universität im Jahr 2010, auf das wir mit Riesenschritten
zueilen, die Chance, gemeinsam mit Sponsoren unseren Gebäudebestand
jubiläumsfein zu machen und beispielsweise durch die Einrichtung einer
Lebenswissenschaft als Integrationswissenschaft zu dokumentieren, dass
wir wie unsere Gründerväter immer noch für die spannendsten Ideen im
deutschen Universitätsbetrieb gut sind.
Ich lade alle, die an der Humboldt-Universität lehren und forschen, an
ihr lernen und arbeiten, ihr freundschaftlich verbunden oder jedenfalls
mit Interesse zugewandt sind, sehr herzlich ein, sich an diesem
gemeinsamen Aufbruch hin zum zweihundertjährigen Jubiläum zu
beteiligen. Weitere Details unseres Weges in den kommenden fünf Jahren
habe ich in meiner Vorstellungsrede
vor dem Konzil ausgeführt; ich freue mich über Gespräche zu diesem Text
und den dort formulierten Zielen. In diesem Sinne: Auf ein Neues!
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