Humboldt-Spektrum 3/2007
Editorial
Die Herausforderung
Mit Bekanntgabe der geförderten Projeke der zweiten Wettbewerbsrunde im Rahmen der Exzellenzinitiative am 19. Oktober 2007 setzte an der Humboldt-Universität eine lebhafte Diskussion über das Ergebnis ein. Das Zukunftskonzept der Humboldt-Universität mit seiner Grundidee der Integrativen Forschungsinstitute wurde finanziell nicht unterstützt. Erfolgreich waren zwei Exzellenzcluster und zwei Graduiertenschulen, zudem sind vor allem Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des naturwissenschaftlichen Standortes Adlershof der Humboldt-Universität signifikant an einem weiteren Exzellenzcluster der Technischen Universität Berlin beteiligt. Zählt man die bereits in der ersten Runde geförderten beiden Graduiertenschulen hinzu, so ist die Humboldt-Universität summa summarum als eine der erfolgreichsten deutschen Universitäten aus dem Exzellenzwettbewerb hervorgegangen.
Was bedeutet nun dieses Gesamtergebnis? Zunächst einmal, dass die Humboldt-Universität erneut ihre Forschungsstärke unter Beweis stellen und bedeutende zusätzliche Mittel einwerben konnte. Dieser Erfolg kommt nicht völlig überraschend, betrachtet man die bisherigen Leistungen: Mit 18 laufenden Sonderforschungsbereichen, dem Berliner DFG-Forschungszentrum Matheon, insgesamt 38 strukturierten Promotionsprogrammen (12 davon Graduiertenkollegs der DFG mit Sprecherschaft an der HU), 15 Nachwuchsgruppen und 11 eigenen Interdisziplinären Zentren ist die Humboldt-Universität eine der forschungsstärksten Universitäten in Deutschland. Das Ergebnis in der dritten Säule des Exzellenzwettbewerbes bedeutet – ganz nüchtern betrachtet – aber auch, dass die Humboldt-Universität nun über eine erhebliche Summe an erhofften Mitteln nicht verfügen kann, welche einige der anstehenden Reformen an der Universität sicherlich erheblich befördert hätten. Insgesamt ergibt sich daraus die Notwendigkeit, einen Schritt zurückzutreten und eine umfangreiche Bestandsaufnahme zu unternehmen. Ein erster oberflächlicher Versuch macht mit Blick auf die vergangenen Prozesse und die aktuelle Situation vor allem eines deutlich: Der Exzellenzwettbewerb in seiner Atemlosigkeit unterlag ganz bestimmten Regeln und die Konzepte hatten strenge Vorgaben zu erfüllen. So ist in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum viel in Bewegung geraten: Wir mussten uns unsere Stärken und Schwächen ehrlich und recht schonungslos vor Augen führen, wir haben gemeinsam darüber nachgedacht, wie wir vorankommen können und wollen, und schließlich haben wir zukunftsweisende Ideen und Konzepte entwickelt, die geeignet sind, in überzeugender Weise an den strukturellen Problemen und generellen Schwächen des deutschen Hochschulwesens anzusetzen. Unsere Forscherinnen und Forscher haben die schon erfolgreichen Konzepte der Humboldt-Universität in der Nachwuchsförderung weiterentwickelt, um herausragenden wissenschaftlichen Nachwuchs in Graduiertenschulen – mit Unterstützung unserer Dachorganisation für exzellente Promotionsprogramme, der Humboldt Graduate School – optimal fördern und in Forschungszusammenhänge einbinden zu können. Sie haben neue Modelle für die Kooperation innerhalb von Clusterstrukturen diskutiert und dabei ganz nebenbei jene Querverbindungen zwischen den Fakultäten und den Disziplinen gestärkt, die für ein produktives Arbeiten zu interdisziplinären Fragestellungen unabdingbar sind. Auch bei den nicht geförderten Projekten der ersten und zweiten Säule werden sich die zahlreichen Arbeitsgespräche und die so entstandenen oder gestärkten Verbindungen in neue, erfolgreiche Projekte umsetzen lassen. Wir haben nun die Gelegenheit, die Ergebnisse der verschiedenen Begutachtungen, unser Zukunftskonzept, aber auch unsere Erfolge sowie die knapp nicht geförderten Projekte, ausführlich zu analysieren, zu hinterfragen und erneut abzugleichen mit dem Profil unserer Universität, an deren herausragender Stärke in der Forschung gar kein Zweifel besteht. Ich bin überzeugt davon, dass wir die ausgebliebene Förderung der dritten Säule als Herausforderung verstehen werden, unsere identifizierten entwicklungsfähigen Bereiche zukunftstauglich zu machen und unsere Stärken weiter auszubauen und sichtbarer zu machen. |
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Prof. Dr. Michael Linscheid
Vizepräsident für Forschung (m.d.W.b.) der Humboldt-Universität zu Berlin