
Gemeinsam neurologische Erkrankungen lindern
Um Schlaganfall, Multiple Sklerose und Entwicklungsstörungen des Gehirns dreht sich alles beim Exzellenzcluster „Neuro-Cure – neue Perspektiven in der Therapie neurologischer Erkrankungen“. „Mit der Bewilligung des Clusters ist in der Berliner neurologischen Community ein weiterer Meilenstein gesetzt worden“, freut sich Prof. Dr. Robert Nitsch vom Institut für Zellbiologie und Neurobiologie der Charité und einer von drei geschäftsführenden NeuroCure-Direktoren.
Obwohl der Schlaganfall als Erkrankung der Gefäße mit einer entzündlichen Erkrankung wie der Multiplen Sklerose auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam hat und beispielsweise die Epilepsie, eine Entwicklungsstörung des Gehirns, zur Ursache haben kann, so teilen diese Erkrankungen grundlegende gemeinsame Mechanismen in der Ursache und im Verlauf.
„Gemeinsam ist diesen Krankheiten auch, dass sie bislang allenfalls behandelbar, aber nicht heilbar sind“, unterstreicht Professor Nitsch. Rund 200.000 Menschen in Deutschland erleiden jährlich einen Schlaganfall, der zum Tod oder langer Pflegebedürftigkeit führen kann. Es gibt 120.000 Multiple Sklerose-Patienten. Etwa 700.000 Menschen in Deutschland leiden an Entwicklungsstörungen des Gehirns. Ein wichtiges Merkmal von NeuroCure ist, dass hier Grundlagenforscher mit Klinikern zusammenarbeiten. Geplant ist deshalb auch die Gründung eines klinischen Forschungszentrums (Neurocure Clinical Research Center), das dazu dient, Forschungsergebnisse in die Klinik umzusetzen und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Auf sechs Gebieten wollen die 25
bisher am Antrag beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen
mit neuen Kollegen forschen. So geht
es in einem der Forschungsschwerpunkte
um die Suche nach Schadensmechanismen. Die
Wissenschaftler wissen, dass bei neurologischen Erkrankungen
unabhängig von den krankheitsspezifischen
Auslösern beispielsweise evolutionär bedinge
Abläufe zum Absterben von Hinzellen führen. In dem
Schwerpunkt geht es darum, solche Mechanismen besser zu erforschen mit
dem Ziel, Hirnzellen vor dem Untergang zu schützen. Eine andere
Forschergruppe wird zu Schutzmechanismen arbeiten. Zellen des Gehirns
in der direkten Umgebung einer
Schädigung, beispielsweise bei einem
Schlaganfall und somit einer Minderdurchblutung,
werden aktiviert und sind bei einer
zweiten Schädigung widerstandsfähiger. Durch diese Mechanismen
schützen sich einzelne Zellen vor zukünftigen Schäden. Auch hier
geht es darum, diese Mechanismen noch besser zu
verstehen und therapeutisch umzusetzen.
Im Schwerpunkt Regeneration ist die allgemeine Frage, wie man
neurologische Funktionen nach einer Schädigung
wiederherstellen kann. Grundsätzlich vermag
sich das zentrale Nervensystem kaum zu
regenerieren. Dieses zu beeinflussen sowie
die Funktionen des Gehirns durch einen
strukturellen Ersatz wiederherzustellen, ist hier das
Ziel. Bei der „Interaktion zwischen Nerven- und
Immunsystem“ geht es um die gemeinsam zugrunde liegenden
Mechanismen. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass
immunologische Prozesse nicht nur bei entzündlichen Krankheiten
des Nervensystems, sondern auch bei nicht
primär entzündlichen Prozessen ablaufen. „In
all diesen Erkrankungen interagieren
dabei Immunzellen mit Zellen des
zentralen Nervensystems. Diese Prozesse
sollen mittels molekular- und zellbiologischer
Methoden und moderner Hirnbildgebung untersucht werden“,
erklärt Professor Nitsch. Weitere Schwerpunkte
sind Entwicklungsstörungen im Nervensystem und
Entwicklungs- und erfahrungsabhängige Plastizität des
Nervensystems. Neurocure wird fünf Jahre lang
mit insgesamt 40 Millionen Euro gefördert, das Geld soll
größtenteils in neue Stellen investiert
werden. Die sechs Forschungsgebiete
werden international zu besetzenden
Professuren zugeordnet. Beteiligt am
Exzellenzcluster sind neben Charité-Forschern
auch Professoren der Institute für
Biologie der HU; Professor Michael Brecht ist einer
der Direktoren, und Kollegen der Freien Universität, außerdem das
Max-Delbrück-Zentrum, das Deutsche Rheuma Forschungszentrum und
das Leibniz Institut für Molekulare
Pharmakologie.
www.neurocure.de