
Leben zwischen den Planeten
Fossile Bakterien in dem Marsmeteoriten ALH84001. Im August 1996 gaben
Wissenschaftler der Nasa diese spektakuläre Nachricht bekannt. Heute
ist diese Aussage weitestgehend widerlegt, aber die spannende Frage
bleibt: Gibt es Leben auf dem Mars? Und: Wenn es dort Leben gab oder
gibt, könnte dieses auf die Erde gelangt sein?
Eine Arbeitsgruppe um den Mineralogen Dieter Stöffler am
Naturkundemuseum Berlin hat sich gemeinsam mit Forschern aus
Deutschland, Russland und Großbritannien die Lösung dieser Frage zum
Ziel gesetzt. Sie wollen die so genannte Lithopanspermia-Theorie des
Austauschs von Leben zwischen Planeten untersuchen. In der Geschichte
unseres Sonnensystems haben immer wieder Kometen und Asteroiden
Planeten getroffen und aus diesen Bruchstücke herausgeschlagen und ins
All geschleudert. Einige dieser Bruchstücke vom Mars wurden auf der
Erde gefunden und bieten viel Raum für Spekulationen. Könnten diese
Marsmeteorite Organismen als „Shuttle“ gedient haben, um die Erde zu
besiedeln?
Um das herauszufinden, simulierten die Forscher mehrere Ereignisse,
die Organismen auf einem Weg vom Mars zur Erde überstehen müssten. Die
erste Simulation – den Zusammenstoß des Mars mit einem Meteoriten –
organisierte das Freiburger Ernst-Mach-Institut für Kurzzeitdynamik.
Mikroorganismen wurden von Wissenschaftlern vom Berliner
Naturkundemuseum in Gesteine gepackt und in Eisenzylinder gebettet. Die
Zylinder wurden mit TNT gesprengt, um damit Drücke zwischen 50 000 und
500 000 bar für die Dauer von Mikrosekunden zu erzeugen. Durch die
Kompression erfahren die Organismen kurzzeitig Temperaturen bis zu 1000
Grad Celsius. Normalerweise dürfte schon bei 500 Grad Celsius kein
mikrobiologisches Leben mehr vorhanden sein.
Gleichwohl überleben in dem simulierten Meteoriteneinschlag 0,02
Prozent der Mikroorganismen. Eine Erklärung für das Überleben könnte
sein, dass der hohe Druck und die hohe Temperatur nur für extrem kurze
Zeit wirken – ähnlich wie bei einem Meteoriteneinschlag auf dem Mars.
Ein Argument gegen die Lithopanspermia-Theorie ist also entkräftet:
Organismen können eingepackt in Gesteinen problemlos den Start in den
Weltraum antreten.
Könnten die Organismen aber auch die Reise durchs Weltall überleben?
Große Kälte, kosmische Strahlung, das Vakuum sprechen dagegen.
Wissenschaftler um die Biologin Gerda Horneck am Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt in Köln sehen das anders. Sechs Jahre ließen sie
Bakteriensporen an Bord eines Satelliten in 480 Kilometer Höhe um die
Erde kreisen. Schon eine geringe Schicht von Gesteinsmaterial genügte,
um die kosmische Strahlung so abzuschirmen, dass der größte Teil der
Bakteriensporen überlebte.
Und wie sieht es mit dem letzten Schritt aus, der Landung auf der
Erde? Beim Eintritt in die Erdatmosphäre können zwar kleinere Fragmente
verglühen. Größere werden jedoch abgebremst und können innerhalb einer
Minute sanft auf der Erdoberfläche landen, so dass sich das Innere des
Meteoriten gegenüber der Temperatur im freien Weltraum kaum aufheizt.
Daher ist es für die Mikroorganismen möglich, den Eintritt, eingebettet
in einem Meteoriten, zu überleben und sich an der lebensfreundlichen
Erdoberfläche weiter zu entwickeln.
Dass Mikroorganismen solche Bedingungen überstehen können, ist zwar
noch kein endgültiger Beweis dafür, dass es tatsächlich einen Transport
von Leben zwischen Planeten gab. Aber immerhin scheint ein Transfer von
marsähnlichen Planeten zu anderen Planeten im selben Sonnensystem
möglich zu sein. Der umgekehrte Weg, Leben von der Erde auf andere
Himmelskörper zu bringen, dürfte nach entsprechenden Berechnungen um
einiges schwieriger, wenn auch nicht völlig unmöglich sein.
Cornelia Meyer