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Die ersten Stolpersteine für als „asozial“ Verfolgte in Berlin

Initiative um HU-Professor Michael Wildt hat Stolpersteine am Alexanderplatz verlegen lassen

Der Künstler Gunter Demnig hat am 21. April 2016 in Berlin fünf Stolpersteine verlegt. Diese sind Menschen gewidmet, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, weil sie ohne festen Wohnsitz waren und damit als „asozial“ und „arbeitsscheu“ galten. Für drei der fünf Menschen war zudem das Arbeitshaus Rummelsburg eine Station ihres Verfolgungsschicksals. Alle fünf sind im KZ Sachsenhausen ermordet worden. Bislang gab es in Berlin keine Stolpersteine für als „asozial“ Verfolgte im Dritten Reich.

„Opfergruppe hat bislang kaum öffentliche Anerkennung gefunden“

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Abbildung: Aleksandra Koneva

„Die Verlegung von Stolpersteinen für Menschen, die als „Asoziale“ verfolgt wurden, ist besonders wichtig, weil diese Opfergruppe bislang kaum öffentliche Anerkennung gefunden hat“, betont Michael Wildt, Professor für Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit einem Schwerpunkt in der Zeit des Nationalsozialismus an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU).

Das Projekt entstand aufgrund mehrerer Initiativen. Auch der Wissenschaftler hatte die Idee, die aus seinem Vortrag zur Verfolgung von „Asozialen“ im Rahmen der sogenannten Obdachlosen-Uni entwickelt wurde. „In der Zusammenarbeit mit Studierenden ist es mir wichtig, den Blick für die Verfolgung dieser Opfergruppen zu schärfen. So waren auch Studierende und Doktoranden an der Recherche für die Stolpersteine, die jetzt auf dem Alexanderplatz verlegt werden, beteiligt.“, so Wildt.

Stolpersteine zwischen der Weltzeituhr und dem Alexanderhaus

 

Stolpersteinverlegung am Alexanderplatz Foto Ralph Bergel HU Berlin
Gunter Demnig verlegt die Stolpersteine
am Alexanderplatz.
Abbildung: Ralph Bergel

„In der rassistischen Politik der Nationalsozialisten war soziale Devianz von den Normen der „Volksgemeinschaft“ stets ein Anlass für gewaltsame Verfolgung. So kam es schon 1933 zu Bettlerrazzien und Internierung von Obdachlosen in Konzentrationslager“, sagt der Professor. Das Leben von Menschen ohne festen Wohnsitz fand und findet noch immer in der Öffentlichkeit statt. Daher wurde beschlossen, diese Stolpersteine zwischen der Weltzeituhr und dem Alexanderhaus verlegen zu lassen. In den 1930er Jahren war hier der Standort des Restaurants Aschinger, das nicht zuletzt wegen seines günstigen Essens – auch bei Wohnsitzlosen – beliebt war.

In Berlin wurden in den letzten 20 Jahren bereits über 6600 Stolpersteine verlegt. Die aktuelle Verlegung ist eine Kooperationsveranstaltung der Humboldt-Universität zu Berlin, den beiden Straßenmagazinen Motz und strassenfeger und der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin.

Weitere Informationen

Projekt Stolpersteine an der HU
Webseite der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin
Webseite des Straßenmagazins motz
Webseite des Straßenmagazins strassenfeger

Kontakt

Prof. Dr. Michael Wildt
Humboldt-Universität zu Berlin

michael.wildt@geschichte.hu-berlin.de