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Frischzellenkur für den König der Physik

Das Helmholtz-Denkmal vor dem HU-Hauptgebäude wird umfassend restauriert

Helmholtz
Im Mai haben die Arbeiten am Denkmal
begonnen, inzwischen ist die Statue wieder
eingehaust. Abbildung: Matthias Heyde

„Das Denkmal wurde 1899 eingeweiht, es ist also schon fast 120 Jahre alt“, sagt Dr. Angelika Keune in ihrem Büro in der Mohrenstraße 40/41. Als Kustodin der Humboldt-Universität ist es ihre Aufgabe, deren stetig wachsende Kunstsammlungen zu betreuen und zu sichern – inzwischen sind es über 1.000 Objekte, darunter Denkmäler, Porträts, Zeichnungen, zudem Zepter, Amtsketten und Talare als die Insignien der Universität.

Eines der prominentesten Kunstobjekte ist das Denkmal von Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz, das im Ehrenhof des Hauptgebäudes Unter den Linden steht. Im Januar wurde es durch die Technische Abteilung eingehaust, damit Figur und Sockel austrocknen können, im Mai haben die eigentlichen Sanierungsmaßnahmen begonnen. Doch was ist eigentlich beschädigt?

Sanierung dauert zwei bis drei Monate

Wie Angelika Keune berichtet, habe es zuletzt von 1988 bis 1992 eine grundsätzliche Restaurierung gegeben, inzwischen erfordern zahlreiche Schäden eine weitere. „Auf der Oberfläche haben sich Verunreinigungen gebildet, die bereinigt werden müssen. Es gibt Fehlstellen – fingerkuppengroße Stellen, teils nur an der Oberfläche, teils auch tiefer – und beschädigte Steinergänzungen, die mit einem entsprechenden Steinersatzmörtel erneuert werden müssen“, so die seit 1989 amtierende Kustodin.

Des Weiteren würden Fugen je nach Konsistenz ergänzt, Fugenmörtel ausgetauscht und Verfärbungen, die im Laufe der Zeit entstanden seien, angeglichen. Denn „irgendwie lebt der Stein ja auch, seine Oberfläche kann dunkler oder heller werden“, sagt sie. „An sehr stark aufgerauten Bereichen an der Figurenoberfläche soll eine Schlemme, ein ganz feiner Sand, der verhindern soll, dass Feuchtigkeit in den Sand dringt, aufgebracht werden.“

Zum Schluss werde die Figur für einen zusätzlichen Schutz gewachst, was Angelika Keune mit einer sorgsamen Bewegung ihrer Hände illustriert: „Die Figur wird mit einer ganz dünnen Wachsschicht umhüllt. Ähnliche Schäden werden übrigens am Sockel behoben, wobei dessen Fugen noch kaputter sind.“ Insgesamt wird die mehr als 10.000 Euro teure Sanierung zwei bis drei Monate dauern.

Kaiser Wilhelm II. hatte Idee für ein Helmholtz-Denkmal

Seit fast 120 Jahren „begrüßt“ Helmholtz Lehrende und Studierende – nun soll das Denkmal restauriert werden.
Abbildung: Martin Ibold

Es ist also eine Menge zu tun an dem Denkmal, das eine spannende Geschichte hat. Schon 1895 und damit nur ein Jahr nach Helmholtz‘ Tod wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben. Wie die promovierte Germanistin und Historikerin Angelika Keune weiß, seien Denkmäler in der Regel von den Professoren initiiert worden. Hier aber sei es Kaiser Wilhelm II. gewesen, der ein Monument angeregt und die ersten 10.000 Mark gespendet habe.

Drei Entwürfe kamen in die engere Wahl, das Komitee entschied sich für den des Berliner Bildhauers Ernst Gustav Herter. Dieser zeigt den bereits zu Lebzeiten weltberühmten Naturwissenschaftler in einer dozierenden Pose: An einen Sockel mit Büchern gelehnt, gekleidet in einen zeitgenössischen Frack und Talar. „Die überlebensgroße Figur besteht aus weißem Tiroler Marmor“, erklärt Keune, „der Sockel mit seiner minimalistischen Inschrift aus braunrotem bayerischem Marmor. Das war das erste Mal, dass dieser in Berlin verwendet wurde.“ Am 6. Juni 1899 wurde das in der Mittelachse im hinteren Drittel des Vorhofs positionierte Denkmal feierlich eingeweiht.

Ein Universalgelehrter im Sinne von da Vinci und Goethe

Seitdem ehrt es Helmholtz, der 1871 als Physikprofessor an die Berliner Universität berufen und 1877 deren Rektor wurde. Welche Bedeutung Helmholtz für das Fach hatte und hat, ordnet PD Dr. Arne Schirrmacher, Heisenberg Stipendiat am Institut für Geschichtswissenschaften und aktuelle Vertretung des Lehrstuhls für Wissenschaftsgeschichte, ein. Der in insgesamt sieben Disziplinen Forschende galt in der Öffentlichkeit als Universalgelehrter – ein Typus „im Sinne eines Leonardo da Vinci oder Goethe, der ja eigentlich im 19. Jahrhundert ausgestorben ist“, sagt Schirrmacher. „Ich denke aber, dass dieser Anspruch selbst einen Helmholtz überfordert hätte. Ich würde ihn daher lieber als multidisziplinären Wissenschaftler bezeichnen, dessen Forschung von der Medizin und Physiologie über die Physik und Geometrie bis zur Erkenntnistheorie und Philosophie reichte und der deshalb für eine lange Liste an Leistungen geehrt werden könnte, etwa für seine Schrift ‚Über die Erhaltung der Kraft‘ von 1848.“

Schirrmacher sieht Helmholtz‘ Verdienst aber eher in der Art und Weise, wie dieser den Dingen auf den Grund ging, und dazu gehörte auch der Wechsel von einer Disziplin zur anderen. „So hat er Ideen der Vereinheitlichung und der Entschlüsselung der Natur vorweggenommen, die im 20. Jahrhundert bestimmend wurden.“ Auch deshalb spielt er in der heutigen Physik eine gewichtige Rolle. Laut Schirrmacher kann man ihn mit seinen zahlreichen Beiträgen und den nach ihm benannten Gleichungen, Größen und Apparaturen „als Krönung der klassischen Physik verstehen“.

Autor: Michael Thiele

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