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Wie feministisch kann Fußball sein?

Friederike Faust hat eine Frauenfußballorganisation begleitet und das Buch „Fußball und Feminismus“ geschrieben. Ein Gespräch über unterschiedliche Auffassungen von Sport und darüber, wie stark die Setzungen der Fußballverbände trotz Korruptionsskandalen und negativer Schlagzeilen weiterhin sind.

Fußballerin
"Das Hauptproblem ist, dass an der Definition von Fußball kaum zu
rütteln ist." Foto: Dana Rösinger

Frau Faust, Sexismus und Homophobie sind in den vergangenen Jahren im Fußball immer wieder Thema gewesen. Nun haben Sie das Buch „Fußball und Feminismus“ geschrieben. Gibt es auch gute Nachrichten?

Dr. Friederike Faust: An diesen Debatten sieht man, dass es nicht mehr selbstverständlich ist, Fußball ausschließlich als Männersport zu begreifen. Die Geschlechterverhältnisse sind auch dort in Bewegung geraten und Frauen fordern ihren Platz auf dem Rasen. Das wollte ich mir genau ansehen und habe deshalb eine feministische Frauenfußballorganisation bei ihren lokalen und internationalen Aktivitäten begleitet. Das war klassische teilnehmende Beobachtung aus der eine ethnografische Studie wurde – und schließlich mein Buch.

Was haben Sie auf und neben dem Platz beobachtet?

Discover Football ist ein Projekt, das über den Fußball Frauen vernetzt und stärkt. Man merkt, dass die gegenwärtigen Bedingungen einerseits günstig sind, um feministische Positionen auch im Fußball durchzusetzen. Es gibt momentan zum Beispiel die Chance auf mehr mediale Repräsentation von Frauen im Fußball, auf mehr Fördergelder, mehr Trainings- und mehr Platzzeiten sowie auf höhere Gehälter im Spitzensport. Aufwind erhält die Kritik an den fußballerischen Geschlechterverhältnissen auch dadurch, dass aufgrund von absurder Kommerzialisierung und Korruptionsskandalen die Macht der Verbände generell in Frage gestellt wird. Dennoch bleibt der gesellschaftliche Rahmen von Sport, Geschlechtergerechtigkeit, Ökonomie und Politik spannungsgeladen. In spätkapitalistischen Demokratien entscheiden viele Parteien, Institutionen und Personen mit ganz unterschiedlichen Interessen über geschlechterpolitische Belange mit. Das heißt, es müssen viele Gruppen mitmachen, damit sich etwas bewegt, es muss nicht nur eine Person überzeugt werden.

Feminismus und Fußball, welche Probleme gibt es da?

Das Hauptproblem ist, dass an der Definition, was Fußball eigentlich ist, kaum zu rütteln ist. Feministische Positionen – es gibt nicht nur eine – wollen nicht nur, dass Frauenfußball genauso anerkannt ist wie Männerfußball und dass dabei alles genau gleich läuft. Es gibt darüber hinaus ganz andere Konzepte, nämlich das Leistungsprimat, die Gewalt gegen den eigenen und gegen andere Körper, diese Wiederholung patriarchialer Gesellschaftsstrukturen radikal in Frage zu stellen. Doch diese radikale Kritik stößt schnell an Grenzen.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Die Regeln des DFB sind eben von Männern für Männer gemacht und wenn eine Gruppe das Spiel dahingehend ändert, dass auf dem Platz auch Schwächere mitspielen dürfen, dass man die Teams, die gegeneinander antreten, vor dem Turnier nochmal mischt und damit den starken Konkurrenzgedanken abschwächt, dann heißt es hinterher einfach nur, dass man wieder sieht, dass Frauen nicht gut Fußballspielen können. Dass die Vorzeichen grundsätzlich andere waren, wird völlig ausgeblendet.

Das Hauptproblem ist also, dass Frauen, die Fußball spielen, sich dem einen männlichen Schema beugen sollen. Sie sollen dem Leistungsprimat folgen und sie sollen dem heteronormativen Anspruch genügen: sie sollen genauso hart spielen und außerdem auch noch schön sein auf dem Platz.

Spielen Sie selber Fußball?

Im Zuge meiner Arbeit habe ich damit angefangen, teilnehmende Beobachtung eben. Ich habe entdeckt, wie viel Spaß es macht und werde auch nach Abschluss des Buches weiter auf dem Platz sein.

Interview: Lars Klaaßen

Weitere Informationen

Webseite des Projekts Discover Football

Friederike Faust, Fußball und Feminismus. Eine Ethnografie geschlechterpolitischer Interventionen. Budrich UniPress, 2019. 344 Seiten.

Dr. Friederike Faust ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin.