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Wetter nicht alleinige Ursache für fortschreitenden Insektenrückgang

Wissenschaftler*innen widerlegen Studienergebnisse aus dem Jahr 2023 und fordern weitere Forschung zu Auslösern für das Insektensterben
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Hauhechel-Bläuling (Polyommatus
icarus), Foto: Gerlind Lehmann

Die Insektenpopulation in deutschen Naturschutzgebieten geht seit Jahrzehnten zurück. Als Hauptursache für das Insektensterben wurden in einer Studie der Universität Würzburg aus dem Jahr 2023 Witterungseinflüsse benannt. Schlechte Wetterlagen würden zu einem Rückgang, gute dagegen zu einer Erholung der Insektenbestände führen. Eine aktuelle Studie, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature erschienen ist, widerlegt nun die Forschungsergebnisse der Würzburger Studie.

Die Autor*innen unter Federführung von Prof. Dr. Hans de Kroon von der Radboud University in Nijmwegen und unter Mitwirkung von u.a. Prof. Dr. Gerlind Lehmann von der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) stellen fest, dass Witterungsbedingungen nicht die Hauptursache für das Insektensterben sind und auch nicht zu kurzfristigen Erholungen der Insektenbiomasse führen. Sie zeigen, dass die Studie der Universität Würzburg einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten kann, da sie erhebliche Mängel bei den gewählten Modellen, Methodiken und Standorten aufweist. Beispielsweise hatten die Wissenschaftler*innen Proben aus künstlich angelegten Waldnischen entnommen, in denen natürlicherweise mehr Insekten vorkommen als in anderen Lebensräumen. Daraus lasse sich nicht erschließen, dass sich die Insektenpopulation insgesamt erholt habe, so die Autor*innen in Nature.

 

Insektensterben erforschen und Artenvielfalt schützen

Den Umfang des Insektensterbens in Deutschland hatte eine Studie aus dem Jahr 2017 mit 76 Prozent im Laufe von 28 Jahren beziffert. Die Nature-Autor*innen bestätigen den fortschreitenden Rückgang der Bestände. „Insektenpopulationen in deutschen Naturschutzgebieten zeigen je nach Datensatz entweder keine Erholung oder sogar eine weitere Abnahme“, sagt HU-ProfessorinGerlind Lehmann. Sie untersucht als wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts „Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen“ (DINA) die Insektenvielfalt in Naturschutzgebieten. Wenn man die Gründe für den Insektenrückgang analysiere, könne man auch dagegen vorgehen und die Artenvielfalt schützen: „Die neuesten Ergebnisse unterstreichen einmal mehr die Bedeutung der aktuellen Forschung, um Haupttreiber des Insektensterbens zu identifizieren und tragfähige Lösungen zum Schutz der Biodiversität zu entwickeln“, so Lehmann.

In Nature begrüßen die Forschenden Ansätze, den Einfluss von Wetteranomalien unter Klimawandel als Ursache für das Insektensterben weiter zu erforschen.   

Weitere Informationen

Studie: Hallmann C.A., Jongejans E., Hörren T., Sorg M., Siepel H., Mühlethaler R., Lehmann G.U.C., de Kroon H.: Weather anomalies cannot explain insect decline. Nature, 13.03.2025, doi.org/10.1038/s41586-024-08528-0

Link zur Studie